Gesellschaft

Rund 1.200 Festnahmen nach Sturm von Anhängern von Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasilien

08.01.2023, Brasilien, Brasilia: Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro geraten in der Hauptstadt mit Polizisten aneinander. Ein Mann schlägt dabei einen Polizisten mit einer Stange. Foto: Matheus Alves/dpa

AKTUALISIERT – Nach dem Sturm radikaler Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília sind rund 1.200 Unterstützer des früheren rechten Staatschefs vorläufig festgenommen worden.

Sicherheitskräfte räumten am Montag ein Camp der Bolsonaro-Anhänger vor dem Hauptquartier der Streitkräfte in der brasilianischen Hauptstadt und setzten die Aktivisten vorübergehend fest, wie das Nachrichtenportal „G1“ berichtete. Die Menschen seien in rund 40 Bussen weggebracht worden. Der Sturm auf das Regierungsviertel hatte international für Entsetzten gesorgt.

Am Sonntag hatten radikale Bolsonaro-Anhänger das Regierungsviertel in der brasilianischen Hauptstadt gestürmt. Sie brachten kurzzeitig die Schaltzentralen der wichtigsten Staatsgewalten des Landes unter ihre Kontrolle. Sie drangen in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein, randalierten in Büros und Sitzungssälen und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Die Polizei wirkte völlig überrumpelt. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

09.01.2023, Brasilien, Brasilia: Luiz Inacio Lula da Silva (2.v.r), Präsident von Brasilien, trifft sich mit Geraldo Alckmin (r), Vizepräsident von Brasilien, Rosa Weber (2.v.l), Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Luis Roberto Barroso (l), Richter des Obersten Gerichtshofs, und weiteren Richtern im Planalto-Palast. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt wurde am Montag vorübergehend seines Amtes enthoben. Der Oberste Gerichtshof ordnete an, Ibaneis Rocha werde zunächst für 90 Tage suspendiert.

Die Anordnung soll dem Portal „G1“ zufolge auch eine Warnung an Gouverneure anderer Bundesstaaten sein, gegenüber radikalen Bolsonaro-Anhängern nicht untätig zu bleiben. Zuvor war bereits der Sicherheitschef von Brasília und frühere Justizminister unter Bolsonaro, Anderson Torres, entlassen worden. Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva, der seit rund einer Woche im Amt ist, stellte die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt per Dekret unter Bundesaufsicht.

Der Zugang zu den beschädigten Gebäuden blieb am Montag eingeschränkt, während Ermittler die Schäden aufnahmen und Spuren sicherten.

Das Camp der Bolsonaro-Anhänger vor der Kaserne in Brasília bestand seit der Stichwahl um das Präsidentenamt in Brasilien Ende Oktober, aus der Lula knapp als Sieger gegen Bolsonaro hervorgegangen war.

08.01.2023, Brasilien, Brasilia: Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro stürmen den Kongress in der Hauptstadt Brasilia. Sie drangen auf das Gelände des Parlaments vor und gelangten auf das Dach des Gebäudes. Foto: Eraldo Peres/AP/dpa

Als am Samstag und Sonntag rund 4000 weitere Unterstützer des Ex-Präsidenten in Bussen in der Hauptstadt eintrafen und zum Regierungsviertel zogen, wurden sie sogar von Beamten eskortiert. Polizisten machten Selfies mit den Demonstranten und drehten Handy-Videos, wie im Fernsehen zu sehen war.

Radikale Bolsonaro-Anhänger versuchten bereits im Dezember, in das Gebäude der Bundespolizei in Brasília einzudringen, zündeten Autos und Busse an. Sie erkennen den Wahlsieg Lulas nicht an und forderten immer wieder ein Eingreifen des Militärs.

Das US-Technologieunternehmen Meta kündigte an, Kommentare zur Unterstützung des Angriffs vom Sonntag in den sozialen Netzwerken löschen zu wollen. „Wir werten das als gewalttätiges Ereignis und werden Inhalte löschen, die diese Aktion unterstützen oder loben“, bestätigte ein Meta-Sprecher gegenüber der dpa.

Die Szenen in Brasília erinnerten an die Ausschreitungen am Sitz des US-Kongresses in Washington am 6. Januar 2021. Damals hatten Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump das Kapitol gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Die Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, fünf Menschen starben. (dpa)

21 Antworten auf “Rund 1.200 Festnahmen nach Sturm von Anhängern von Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasilien”

  1. Herr Bolsonaro hat diese Erstürmungen verurteilt:
    „Friedliche Demonstrationen sind Teil der Demokratie. Plünderungen und Überfälle auf öffentliche Gebäude, wie sie heute stattgefunden haben, fallen jedoch nicht darunter.“
    Sie, Herr Ulrich, sehen das offenbar anders. Halten Sie Ausschreitungen und Verwüstungen als demokratische Haltung an?

  2. Guido Scholzen

    Ja, es ist wirklich bedenklich. Hoffentlich geht das bald vorüber.
    Wenn Rechtsgesinnte ein Parlament stürmen, so ist dies zu verurteilen.
    Es ist ein Angriff auf die Demokratie.

    Aber wenn Linke zum Sturm auf ein Parlament aufrufen, dann ist das auch nicht viel besser.
    „Mit drastischen Worten rief die Pfarrerin Annette Behnken im ARD-„Wort zum Sonntag“ zum Sturm auf die Parlamente auf, in denen „Neofaschisten“ säßen. Die Kritik an ihren Worten kann die Theologin nicht nachvollziehen. Und legt nach.“
    https://www.welt.de/politik/deutschland/article206468945/Wort-zum-Sonntag-Parlamente-stuermen-Theologin-loest-mit-ARD-Kommentar-Debatte-aus.html
    hier das Original: 07. März 2020
    https://www.youtube.com/watch?v=8HJ3Ke0E66I

    • Genau so ist es, Extremismus und Randale ist eine Form von Despotie, egal von welcher Seite. Das lässt sich nicht schönreden. Wer das gut, dafür Entschuldigungen findet oder es sogar befeiert, reiht sich in die Gruppe der latent Gewaltgeneigten ein und versteht das Grundprinzip der Demokratie nicht.

  3. Der Zyniker

    Naja,… in den 1930’er wäre man froh gewesen, wenn ein paar mutige Demonstranten das Parlament gestürmt hätten und die Sozialisten wieder vertrieben hätten.

    Links – Rechts, am Ende bleibt es die selbe Münze.

  4. Was interessiert es uns denn wer in Brasilien Präsident ist? Egal wer, die Soja-Produktion geht eh ungebremst weiter und die Scheinheiligkeit unserer links/grün versifften Medien ist ja bekannt.
    ///

    Tofu, Sojamilch und Sojasoße – das sind Produkte, die Verbrauchern beim Stichwort Soja einfallen. Nicht mit auf der Liste ist Fleisch. Dabei werden 80 Prozent der begehrten Bohne zu Schrot verarbeitet, das anschließend als Futtermittel in Tiertrögen landet. Schließlich wächst weltweit der Hunger auf Fleisch, und das lässt sich mit den relativ günstigen Soja-Futtermitteln gut produzieren. Das gefragte Soja hinterlässt allerdings auf unserem Planeten deutliche Spuren.

    Sojabohnen werden schon seit tausenden von Jahren in Asien angebaut, aber im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts wurde die Soja-Produktion drastisch ausgedehnt. In den letzten fünfzig Jahren wurde die Produktion von 27 Millionen Tonnen auf 269 Millionen Tonnen um das Zehnfache gesteigert. 80 Prozent der Sojabohnen weltweit kommen aus USA, Brasilien oder Argentinien. Für die Ausweitung der Ackerfläche wurden und werden immer noch riesige Wald- und Savannenflächen umgewandelt. Von 2000 bis 2010 wurden 24 Millionen Hektar Land in Südamerika zu Ackerflächen.
    ////
    Quelle: WWF

    Und am Ende wird aus dem Tierfutter aus Brasilien „Bio-Gas“ mit dem wir unser Öko-Gewissen beruhigen und lauthals den Braunkohletagebau verteufeln.

    • Herr Dax, könnten Sie vielleicht auch noch zu weiteren Themen etwas schreiben, die weder einen Bezug zum OD-Beitrag noch zu den Kommentaren aufweisen? Zum Beispiel würde mich die Frage der Hühnerhaltung in Brasilien, die Lage der gemeinen Grauechse im Regenwald und die Situation der Eisenbahnverbindungen interessieren. Und, vielleicht noch Wärmedämmung und grünverseuchte Schlümpfe? Oder was auch immer.

      • Ich glaube, dass Dax mittlerweile komplett die Kontrolle über seinen Extremismus verloren hat. Wo er anfangs eigentlich noch gut argumentiert hat, zumindest was physikalische Grundgesetze angeht, verliert er sich mittlerweile im blinden Linkposten und „sieht sie überall kommen“, vor allen Dingen die Grünen. Eine Therapie würde sicher helfen, wieder einen gesunden Bezug zum Leben zu bekommen.

    • Eastwind

      @Dax Wenn jemand versifft ist, dann Sie. Ihr Hass auf links/grün ist einfach nur krank. Selbst bei einem Artikel, der gar nichts mit Umwelt oder Klima zu tun hat, schaffen Sie in Ihrem Wahn noch die Kurve zu links/grün.

      • Das ist bei Extremisten so. Rechtsradikale beispielsweise sehen überall die Schuld bei Ausländern oder Flüchtlingen, egal bei welchen Themen. Hier auch schon oft genug gelesen. Bei Dax sind es eben die Grünen.

  5. Falls Sie die Vargas-Regierung in Brasilien meinen, besteht der kleine, aber wesentliche Unterschied darin, dass diese nicht demokratisch gewählt, sondern per Putsch durch das Militär eingesetzt wurde. Das heisst, im Grunde ist der damalige Putsch des Herrn Vargas (nach einer verlorenen Wahl) mit dem aktuellen Verhalten der Randalierer identisch, die ebenfalls ein Wahlergebnis nicht akzeptieren wollen. In einem Fall findet der Aufstand gegen die demokratisch gewählte Regierung durch das Militär, im anderen Fall durch die Anhänger des Unterlegenen und die üblichen Berufsrandalierer statt. In beiden Fällen sind die Sicherheitsorgane gefragt.

  6. „In einem Fall findet der Aufstand gegen die demokratisch gewählte Regierung durch das Militär,…..“

    Gehört das Militär nicht zu den Sicherheitsorganen?
    Soll die Polizei gegen das Militär kämpfen?

    • Naja, vielleicht im sehr weiten Sinn, was die Sicherheit nach innen angeht. Eigentlich ist sie für die Landesverteidigung nach außen zuständig, nach innen noch im Katastrophenfall. Es ist natürlich müßig, darüber nachzudenken, ob die brasilianische Polizei mit Erfolg gegen den Putsch hätte vorgehen können…
      Einen ähnlichen Fall hatten wir 2016 in der Türkei. Erdogan war demokratisch gewählt, Teile der Sicherheitsorgane haben zusammen mit Teilen der Bevölkerung die Putschisten in die Schranken gewesen.
      Jedenfalls liegt jetzt definitiv eine andere Sachlage vor. Die Fans des Unterlegenen probieren den Aufstand.

  7. Hans Eichelberg

    #Frage
    Es sieht so aus als ob die Polizei nicht gegen das Militär kämpfen will/wird:

    „Rund 3000 radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Jair Bolsonaro stürmten am Sonntagnachmittag in Brasília das Regierungsviertel.
    Damit protestierten sie gegen den Antritt des linken Präsidenten. Sie halten die Wahlen für gefälscht und fordern einen Militärputsch, um Lula aus dem Amt zu entfernen.

    Bei ihrem Verwüstungszug stießen die radikalisierten Anhänger Bolsonaros kaum auf Widerstand: Obwohl seit Tagen bekannt war, dass sie in Brasília gegen die Lula-Regierung protestieren würden, waren nur ein paar Hundert Soldaten der Nationalen Eingreiftruppe Força Nacional zum Schutz der Gebäude abgeordnet. Nur einige von ihnen setzten Tränengas ein oder versuchten, sich dem Ansturm entgegenzustellen. In den sozialen Medien gibt es Videos, in denen Sicherheitsbeamte zu sehen sind, die sich freundschaftlich mit den Angreifern unterhalten.

    Der Sturm auf das Regierungsviertel stellt die Regierung Lula vor eine erste schwere Bewährungsprobe: Denn es ist offensichtlich, dass der zivile Verteidigungsminister José Múcio noch keinen Schritt vorangekommen ist, die unter Bolsonaro an die Schalthebel der Macht aufgestiegenen Militärs in die Schranken zu weisen. Es ist zudem auffällig, dass die Präsidenten von Senat und Abgeordnetenhaus keine Stellungnahme zu den Ausschreitungen abgaben.

    Wie stark weiterhin die Unterstützung für den Ex-Hauptmann Bolsonaro unter den Uniformierten ist, das ließ sich am Sonntag in Brasília beobachten: Nach den Ausschreitungen sammelten sich die Randalierer wieder vor der Garnison des Oberkommandos des Heeres in Brasília.

    Dort kampieren sie seit der Verkündigung des Wahlergebnisses Ende Oktober in einer Art Mahnwache. Sie genießen offensichtlich die Solidarität der Militärs.
    Als jetzt die Polizei das Camp der Bolsonaro-Unterstützer stürmen wollte, stellte sich eine Hundertschaft von Militärs mit gepanzerten Fahrzeugen zwischen die Sicherheitskräfte und die Randalierer, um diese zu schützen.“ HB/09.01.23

  8. volkshochschule

    Es ist doch vollkommen egal wer in Brasilien regiert, ob es nun linke oder rechte Regierungen sind. Alles ändert nichts an der Tatsache das dieses Land sozial tief gespalten ist, eine kleine Gruppe, von Industriellen und Großgrundbesitzern hat aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht seit 150 Jahren, de Facto das Sagen. Eine grundlegende Landreform wäre ein erster Schritt zur Veränderung der Besitzverhältnisse und zur Beteiligung der Massen am Reichtum des Landes.

    • Immer mehr Länder sind „sozial tief gespalten“, es gibt kaum ein Land, wo die Massen am Reichtum des Landes beteiligt werden.
      Die traditionnelle „Mittelschicht“, die gut verdiente, sparen aber auch im eigenen Land wieder ausgeben konnte und wollte, verschwindet mehr und mehr.
      Auch in Brasilien wurde zu wenig im eigenen Land investiert: die Wirtschaft boomte nur so lange die Preise für Agrarprodukte hoch waren, die Profite wanderten aber ins Ausland, und wurden nicht in die Zukunft investiert.

      • Der Zyniker

        Und dann ließt man noch etwas in diese Richtung:

        7. Jan 2023
        Vorbereitungen laufen: 5000 Soldaten sichern Jahrestreffen des WEF in Davos
        https://exxpress.at/vorbereitungen-laufen-5000-soldaten-sichern-jahrestreffen-des-wef-in-davos/

        Ich tippe mal darauf, die „15min. Städte“, „CBDCs – Impfstatus – Co2 Guthaben – Reisepass“ Kombi e-ID Karte und der digitale Euro (CBDC) mit Guthaben-Verfallsfunktion (Sparen ist dann nicht mehr möglich, nur noch das Verkonsumieren innerhalb einer vorgegeben Zeitspanne; siehe dig. Yen) werden Thema No.1 werden.

        Aber ja … WEF, Klaus Schwab, Young Leaders, Pharma, Links/Grüne Politiker etc. alles nur Verschwörungstheorien und Geschwurbel-Phantasien von rechtsradikalen Querdenkern – Sorry – radikalen rechten Querdenkern heißt das ja demnächst. (zyn.)

  9. Bürgsreicher

    Es ist doch interessant. Dort, wo das WEF nach eigener Aussage die Regierungen infiltriert, kommt es früher oder später zu Demonstrationen gegen eben diese Regierungen. Ob in Kanada, Frankreich, den USA, der BRD und jetzt in Brasilien, entweder es gibt landesweite Proteste oder es werden unter der Empörung der Maistream-Medien die Parlamente und Regierungssitze „gestürmt“, natürlich immer von „Rechten“, „Reichsbürgern“ oder „Coronaleugnern“.
    Dass all diesen zweifelhaften Personen in Regierungsverantwortung damit eine Legitimation geschaffen wird, scheint kaum jemand zu bemerken.
    Noch ein Wort zu den Wahlen in unseren angeblichen Demokratien. Der Fall Berlin zeigt überdeutlich, was an Manipulation und Fälschung möglich ist. Dass in just diesem Fall auch die Bundestagswahl teilweise wiederholt werden müsste, scheint allerdings niemanden wirklich zu interessieren.

    Klaus Schwab zur Infiltration der Kabinette:
    https://youtu.be/T76VCKqBKJQ

    Einer der Infiltrierer:
    https://www.weforum.org/people/luiz-inacio-lula-da-silva

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