Politik

Belgien liefert den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont nicht an Spanien aus

20.12.2019, Belgien, Brüssel: Carles Puigdemont (l), ehemaliger Regionalpräsident von Katalonien, zeigt im Europäischen Parlament in Brüssel Journalisten seinen Ausweis, als er neben Antoni Comin, ehemaliger katalanischer Regionalminister, steht. Belgien wird den katalanischen Separatistenführer Puigdemont nach dessen Angaben nicht an Spanien ausliefern. Foto: Francisco Seco/AP/dpa

Seit mehr als zwei Jahren lebt der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont im Ausland – geflohen vor Strafverfolgung in Spanien. Nun verkünden Puigdemont und sein Anwalt eine weitreichende Entscheidung der belgischen Justiz.

Belgien wird den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont nach Angaben von dessen Anwalt bis auf weiteres nicht an Spanien ausliefern.

Ein Brüsseler Untersuchungsrichter habe den Vollzug des europäischen Haftbefehls gegen Puigdemont und seinen Politikerkollegen Toni Comín ausgesetzt, teilte der Katalane am Donnerstag auf Twitter mit. Sein Anwalt Simon Bekaert bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Angaben.

20.12.2019, Belgien, Brüssel: Carles Puigdemont (2.v.r), ehemaliger Regionalpräsident von Katalonien, schaut über den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Brüssel. Foto: Francisco Seco/AP/dpa

Der Richter habe entschieden, jegliche Einschränkungen der Freiheit von Puigdemont und Comín zurückzunehmen, erklärte Anwalt Bekaert der dpa weiter. „Er entschied, dass die Verfahren zu ihrer Auslieferung nicht fortgesetzt werden können, solange das Europäische Parlament ihre Immunität nicht aufgehoben hat.“

Puigdemont und Comín waren im Sommer ins Europaparlament gewählt worden. Sie haben ihr Mandat jedoch bisher nicht antreten können, weil sie dafür nach spanischem Recht einen Eid in Spanien ablegen müssten.

Nach dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 in Katalonien waren Puigdemont und Comín ins Ausland geflohen. Spanien wirft ihnen unter anderem Rebellion vor. Puigdemont war seit 2016 Präsident der katalanischen Autonomieregierung.

„Ein weiterer Schritt vorwärts für Präsident Puigdemont“

Zur Entscheidung des Brüsseler Untersuchungsrichters erklärte Puigdemont: „Die belgische Justiz erkennt unsere Immunität an und setzt das Haft- und Auslieferungsersuchen aus!“

Nun warteten Comín und er noch auf die Freilassung des in Spanien inhaftierten Separatistenführers Oriol Junqueras, „der die gleiche Immunität wie wir hat“. Spanien müsse so handeln wie Belgien und das Gesetz achten, verlangte der Katalane.

25.03.2018, Spanien, Barcelona: Demonstranten, die für die Unabhängigkeit Kataloniens sind, marschieren durch die Stadt und verlangen die Entlassung katalanischer Politiker, die seit der Unabhängigkeitserklärung Kataloniens in Haft sind. Foto: Manu Fernandez/AP/dpa

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte kurz vor Weihnachten mitgeteilt, Junqueras sei von den spanischen Behörden zu Unrecht an der Aufnahme seines Mandats als Europaabgeordneter gehindert worden. Die parlamentarische Immunität von Europaabgeordneten greife, sobald das Wahlergebnis verkündet sei, hieß es im Urteil. Am Montag verlangte daraufhin auch die spanische Justiz die vorübergehende Freilassung Junqueras‘ aus dem Gefängnis, damit dieser sein Mandat als Europaabgeordneter antreten kann.

Nach Einschätzung spanischer Beobachter war das Urteil des EuGH auch und vor allem für die ebenfalls ins Europaparlament gewählten separatistischen Politiker Puigdemont und Comín wichtig. Beide haben auch beim EuGH geklagt und könnten nach dessen Urteil zu Junqueras theoretisch in die Heimat reisen, um ihren Eid als Europaabgeordnete zu leisten, hieß es damals. Die Immunität würde beide vor einem Zugriff der spanischen Justiz schützen.

Der amtierende katalanische Regionalpräsident Quim Torra schrieb zu dem Brüsseler Richterspruch auf Twitter: „Mit dieser Geste zeigt die belgische Justiz, dass in einem demokratischen Land die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestätigt werden. Ein weiterer Schritt vorwärts für Präsident Puigdemont.“ (dpa)

20 Antworten auf “Belgien liefert den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont nicht an Spanien aus”

  1. Peer van Daalen

    Ich ziehe meinen Hut vor diesem Brüsseler Untersuchungsrichter und seiner weisen Entscheidung. Endlich mal wieder eine Entscheidung, in der sich der Wille des katalanischen aber auch (in Teilen) des europäischen Volkes widerspiegelt.

    Ebenso in einer anderen Sache zolle ich dem Berufungsgericht in Brüssel meinen Respekt https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-01/belgien-staatsangehoerigkeit-entzogen-aberkennung-syrien-kaempfer-islamisten

    Weiter so…. Ich bin mal wieder stolz ein Belgier zu sein!

    Basta | Peer

  2. Rodrigues Mauritius

    „der Wille des katalanischen aber auch (in Teilen) des europäischen Volkes widerspiegelt.“

    Was meine sie mit die „europäische Volk“ und ihre Wille? Des spanische Volke habe nicht mal einer Wille. Putschdimoond sage gerade, es gebe keine spanisch Volk, und Sie da rede von europa Volk??? Weißen das der Volker von Europa???

  3. karlh1berens

    Puigdemont sitzt seit dem 20. Dezember im Europaparlament da der neue EU-Parlamentspräsident Sassoli das Veto seines Vorgängers Tajani aufgehoben hatte :

    „So hatte schon nach dem EuGH-Urteil zu Junqueras der neue Europaparlamentspräsident David-Maria Sassoli Spanien aufgefordert, das Urteil umzusetzen. Nur folgerichtig hob er schließlich das Veto gegen Puigdemont und Comín auf, das sein Vorgänger und Mussolini-Fan Tajani ausgesprochen hat“

    https://www.heise.de/tp/features/Katalanischer-Exil-Praesident-Puigdemont-sitzt-nun-doch-im-EU-Parlament-4621750.html

    Im EU-Parlament sitzen also Faschos ! Na toll !

  4. Eine politische Entscheidung.Der Haftbefehl in Spanien bleibt trotzdem bestehen.Kriminelle leben ganz gut in Belgien.Hoffentlich erinnern sich die Spanier beim nächsten Belgischen Auslieferungsantrag an den Untersuchungsrichter.Sollte nicht ein Drogenboss an Belgien ausgeliefert werden?

  5. Encara hi ha motiu

    Eine gute Entscheidung!
    Ob das Unabhängigkeitsreferendum der Katalanen sinnvoll und vernünftig war, kann man so oder so sehen, doch die Strafen der zentralistischen Justiz und das Machtgehabe der Zentralregierung Spaniens sind absolut unverhältnismäßig und erinnern an Franco’s Zeiten… das kann Belgien nicht unterstützen.

  6. Peer van Daalen

    Das politische und juristische System der iberischen Halbinsel ist seit dem Tode des Erz-Faschisten Franco im Jahre 1975 nach wie vor in den Fängen der post-faschistischen Franquisten.

    Ein bleiernes Spinnennetz der ideologischen Gängelung incl. Folter und Staatsterror zum Wohle gewisser politisch wohlgesonnener Nutznießer und Volks-Schmarotzer.

    https://www.heise.de/suche/?q=spanien+faschismus&make=tp&sort_by=date

    Wird Zeit … https://www.youtube.com/watch?v=PrN7qmkdvx4

    :-) | Peer

  7. Nationalstolz

    Früher betonten Regionen wo es wirtschaftlich schlechter zuging gern, als Ausgleich das Nationale nach dem Motto, uns geht’s schlecht weil es den anderen gut geht. Und wenn wir schon sonst nichts haben dann ist es aber unser gutes Blut, unsere Abstammung, unser Stolz unsere Geschichte, und all die Traditionen. Heute ist es anders, die Regionen wie in Katalonien dort wo die Wirtschaft brummt der Wohlstand blüht da gedeiht der Nationalismus wie kaum woanders. Man will sich abschotten, will nichts mehr abgeben an den spanischen Gemeinschaftshaushalt. Man will unter sich bleiben, denn die anderen Regionen, dort leben nur faule antriebslose Säcke die sich auf dem von uns mühsam erarbeitetem Steuergeld ausruhen. Autonomie ja, Eigenstaatlichkeit nein, etwas anderes kann der Zentralstaat nicht anbieten sonst würde er langfristig zerfallen.

  8. Kriminelle willkommen.

    Belgien ist das Land für Kriminelle? Hier sind Diebesbanden im Paradis. Von einer Strafverfolgung bzw. Verurteilung der Tâter kann der ausgeraubte Bürger nur träumen. Aber Justiz hat nun mal nichts mit Gewissen bzw. Moral zu tun oder wohl? Man sagt ja nicht umsonst im Volksmund, wer das Recht auf seiner Seite hat, hat Recht.

    • Mithörer

      @Kriminelle willkommen
      So ein Quatsch was sie da verzapfen. Nicht nur Belgien schiebt dem dubiosenspanischen internationalen Auslieferungsantrag einen Riegel vor. Auch andere Staaten wie Deutschland, Großbritannien oder der Schweiz sind ähnlich vorgegangen.

  9. Walter Keutgen

    Es geht nicht darum, ob der belgische Untersuchungsrichter das spanische Vorgehen gegen die katalanischen Minister schlecht- oder gutheißt, sondern, dass die EU-Parlament-Immunität laut EU-Gerichtshof-Urteil auch für vorherige Taten gilt und nur das EU-Parlament sie aufheben kann. Für den Richter hat jegliche Strafverfolgung bis zur Aufhebung der Immunität oder dem Ende des Mandats zu ruhen.

  10. Pensionierter Bauer

    Wenn Belgien den Puigdemont an Spanien ausliefern würde, dann würde Belgien sein Gesicht verlieren. Selbst als Nato und EWG Mitglied hat Spanien sich immer beharrlich geweigert den Léon Degrelle an unser Land auszuliefern. Das was der Puigdemont als „Verbrechen“ in Spanien begangen haben soll, steht ja wohl schließlich in keinem Verhältnis zu den von L.Degrelle in Belgien begangenen Verbrechen?

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