Wie „Ostbelgien Direkt“ in Erfahrung bringen konnte, stimmte nur Vivant für den Resolutionsentwurf. Der Ausschussvertreter der CSP enthielt sich seltsamerweise der Stimme. Wir unterhielten uns dazu mit Ecolo-Fraktionssprecherin Franziska Franzen, die monatelang vergeblich auf die von Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz versprochenen Auskünfte über die Kosten der Auslandsbeziehungen der DG-Regierung gewartet hatte.
„Ich verstehe das Ganze eher als Machtspiel“
OD: Warum sind Ihrer Meinung nach die Parteien der Mehrheit dagegen, dass die Regierung der DG einmal im Jahr schriftlich Bericht erstattet über sämtliche Auslandsreisen, deren Dauer, deren Ziel und die Teilnehmer?
Franzen: Ich verstehe das Ganze eher als Machtspiel. Die Regierung denkt, dass ihr Konzept für Außenbeziehungen 100% richtig und das einzig wahre ist. Und sie ist weder bereit, das hinterfragen noch kritisieren zu lassen. Indem sie diese Information verweigert, zeigt sie aber auch, dass sie die Parlamentarier nicht ernst nimmt. Gleichzeitig traut sie weder den Oppositionsfraktionen noch der Bevölkerung zu, vernünftig mit der Information umzugehen und sich eigenständig ein Bild zu machen. Und dann spielt die Regierung eben ihre Macht aus und sitzt unsere Kritik lieber aus, als dass sie auf legitime Fragen antwortet. Ich finde es sehr enttäuschend und vollkommen unverständlich, dass die Mehrheitsfraktionen ihre Minister bei diesem Spiel unterstützen, statt sie ihrerseits intern zur Vernunft zu bringen. Vielleicht plant der Ministerpräsident aber auch, ein Buch über die Auslandsreisen zu schreiben, das er dann kurz vor den nächsten Wahlen verschenken kann, ähnlich wie er das mit der 2500-fachen Auflage des Buches über die Kapellen und Kirchen in der DG vor den letzten Wahlen gemacht hat.
„Die Haltung der CSP-Fraktion hat mich mehr als überrascht“
OD: Nur Vivant hat den Resolutionsantrag von Ecolo im zuständigen Ausschuss unterstützt. Die CSP hat sich im Ausschuss der Stimme enthalten. Seltsam, finden Sie nicht auch?
Franzen: Ja, die Haltung der CSP-Fraktion hat mich mehr als überrascht. Ich war mir 100% sicher, bei der CSP Unterstützung zu finden. Diese Haltung enttäuscht mich genauso wie die der Mehrheitsfraktionen und schwächt in meinen Augen die ansonsten doch sehr harte Kritik der CSP an der Regierungspolitik.
OD: Mit diesem Resolutionsentwurf setzt sich Ecolo dem Vorwurf aus, populistisch und kleinkariert zu sein. MP Lambertz hat mal vor einiger Zeit die Kritik an den Kosten für die Außenbeziehungen als „unappetitliche Polemik“ bezeichnet.
Franzen: Wenn diese Thematik langsam hochkochen sollte, dann haben Ministerpräsident Lambertz und seine Kollegen das ganz allein zu verantworten. Hätten sie vor mehr als einem Jahr korrekt auf diese Frage geantwortet, wäre das Thema – wie in einer Demokratie üblich – öffentlich und wahrscheinlich auch kontrovers diskutiert worden. Und damit auch vom Tisch. So geschieht es ja mit vielen Themen. Durch dieses Hinauszögern und das damit verbundene Machtspiel wurden das Interesse und die Aufmerksamkeit erst richtig darauf gelenkt. Und dieses Spielchen öffnet Tür und Tor für Fantasien aller Art. Diese Polemik hat sich die Regierung wirklich nur selbst zuzuschreiben. Wir sind es aber gewohnt, dass der Ministerpräsident die Interventionen der Opposition nicht nur kontert – das ist ja vollkommen legitim – sondern diese jedes Mal bewertet wie ein Oberlehrer. Wahrscheinlich glaubt er, dass er uns und die Welt damit beeindrucken kann!
Interessante Idee
OD: Hat sich das Thema „Kosten für Auslandsreisen“ jetzt für Ecolo erledigt? Oder unternehmen Sie demnächst einen neuen Anlauf? Vielleicht in Form einer Petition? Der Rückhalt in der Bevölkerung wäre Ihnen sicher.
Franzen: Wie Ecolo in diesem Thema weiter am Ball bleiben wird, ist noch unklar. Eine Petition müsste ja in der Bevölkerung gestartet und ans Parlament gerichtet werden. Das ist eine interessante Idee. Sicher ist, dass wir eher etwas bewirken können, wenn das von der Bevölkerung breit unterstützt wird. Denn dann wird es auch für hartgesottene Politikern schwieriger, sich dem zu verschließen. Das haben wir ja beim ersten Projekt zum Umbau des Sanatoriums gesehen. (cre)
Venezuela lässt grüssen.
Hallo Wermut, Du meinst bestimmt Guatemala (Kapitalvernichtungsprojekt aus Raeren) ?
…Politikern…hihi ;-)
Als Pro-DG-Vertreter im betroffenen Ausschuss 1 möchte ich der Vollständigkeit halber Folgendes hinzufügen: der Resolutionsentwurf von ecolo wurde in der Ausschusssitzung vom 26. Juni 2012 mit vier Stimmen der Mehrheit gegen eine (ecolo) bei einer Enthaltung (Grommes-CSP – die zweite Stimme der CSP, Pascal Arimont war nicht anwesend) abgelehnt.
Vivant hat im Ausschuss nicht abgestimmt.
Da der ecolo-Entwurf in der Tat ganz kurzfristig vor der Sitzung eingereicht worden war, habe ich mich vor der Fraktionssitzung per Email mit meinen ProDG-Fraktionskolleg(inn)en über den Resolutionstext und unsere Stellungnahme dazu ausgetauscht.
Die Gründe für mein Abstimmungsverhalten (Ablehnung) waren vielfältig. So spielte unter anderem die Tatsache eine Rolle, dass in der Resolution lediglich eine Kostenaufstellung verlangt wurde, der Nutzen der Außenbeziehungen aber ganz außen vor bleiben sollte. Außerdem beriet der Ausschuss genau zu diesem Zeitpunkt über ein Gesamtkonzept mit allen Aspekten der Außenbeziehungen, auch der Kosten-Nutzen-Frage. Warum ecolo sich weigerte, die Kostenfrage isoliert herauszubrechen, war für unsere Fraktion nicht nachvollziehbar und schien in unseren Augen bestenfalls dazu geeignet, in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild der Außenbeziehungen entstehen zu lassen und zur Stimmungsmache missbraucht zu werden. Und das stand in unseren Augen in krassem Gegensatz zu dem, was ecolo selbst in der Begründung für die Resolution betont hatte, nämlich, dass“dass die Außenbeziehungen der Gemeinschaft eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des gebiets deutscher Sprache spielen können“. Nach Abschluss der Beratungen wird es einen ausführlichen Bericht über das Gesamtkonzept der Außenbeziehungen geben, und dazu gehört selbstverständlich auch eine Kosten-Nutzen-Analyse über einen größeren Zeitraum hinweg.
Diese Informationen mögen der Versachlichung der ganzen Debatte dienlich sein.
Herr Velz,
der Resolutionsvorschlag von Ecolo wurde am 14. März 2012 eingereicht. Bei der Vorstellung und ersten Diskussion dieses Vorschlags im Ausschuss im April haben wir uns darauf eingelassen, diesen zu einem späteren Zeitpunkt in die Bearbeitung des Konzepts Aussenbeziehungen einfliessen zu lassen. Sie hatten also bis zum 26. Juni ausreichend Zeit, sich damit zu befassen! Im Übrigen wurde der Nutzen der Aussenbeziehungen keinesfalls aussen vor gelassen. Ich zitiere aus unserem Resolutionsvorschlag: “ Dieser Bericht sollte insbesondere eine Auswertung der jeweiligen Kontakte zu den ausländischen Partnern und eine Einschätzung der Ergebnisse für die Deutschsprachige Gemeinschaft beinhalten.“ Und als Nächstes forderten wir eine detaillierte Auflistung der Reisen, der Teilnehmer und der jeweils verursachten Kosten.
Ja, Frau Franzen, es stimmt dass Ihr Vorschlag (Dok 104) schon lange vorlag. Sie können mir auch glauben, dass ich Ihren Text schon damals intensiv studiert habe.
Allerdings waren die Mehrheitsfraktionen mit Ihnen übereingekommen, dass der Vorschlag in das Gesamtkonzept zu den Außenbeziehzungen einbezogen werden sollte, welches im Augenblick im Ausschuss 1 behandelt wird und möglicherweise im September verabschiedet werden kann.
Warum Sie vier Tage vor der Ausschusssitzung , am 22. Juni, plötzlich darauf bestanden, dass Ihr Vorschlag vier Tage später in der von Ihnen vorgeschlagenen ursprünglichen Form getrennt abgestimmt werden sollte, ist mir schleierhaft, es hat mir – und vermutlich auch den anderen Mehrheitsfraktionen – aber unmöglich gemacht, dem zuzustimmen.
Ich zitiere aus der Begründung für mein Abstimmungsverhalten im Ausschuss: (Zitat:) „Warum diese Eile und dieses Herausbrechen aus der allgemeinen Diskussion über das Konzept Außenbeziehungen ? Die Unvollständigkeit des Gefragten und das Herauslösen dieser Resolution aus dem Gesamtkonzept Außenbeziehungen über diese Resolution erweckt in uns den Verdacht, dass es hier gar nicht in erster Linie um vollständige Information und Transparenz geht, sondern vielmehr um die Erzwingung unvollständiger Berichte mit einseitiger Fokussierung auf den Kostenfaktor. Ein solcher Bericht ist – losgelöst aus den Zusammenhängen und vom Ergebnis – bestenfalls dazu geeignet, in der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck zu erwecken oder schlimmstenfalls zur Stimmungsmache missbraucht zu werden.
Deshalb bedauern wir, dass ecolo diese Resolution aus den Besprechungen über die Außenbeziehungen herausgelöst hat und sie getrennt abstimmen lassen will. Als Diskussionsansatz in den Besprechungen zu den Außenbeziehungen ist dieser Text für ProDG durchaus annehmbar, als Resolution jedoch ist dieser Text für die ProDG-Fraktion aus den oben angeführten Gründen völlig inakzeptabel. “ (Ende des Zitats)
Ebenfalls schleierhaft ist mir das Abstimmungsverhalten des einzigen anwesenden CSP-Vertreters, denn er hatte ja diesen Text ebenso lange wie alle anderen Fraktionen vorliegen. Schleierhaft ist mir vor allem auch, wieso jetzt, zwei Monate später, die ganze Angelegenheit in der Öffentlichkeit nachträglich zu einem Schlagabtausch zwischen Pascal Arimont und dem MP umfunktioniert wird, denn bei besagter Abstimmung im Ausschuss war MP Karl-Heinz Lambertz nicht anwesend und auch Ausschussmitglied Pascal Arimont fehlte.
Im Volksmund würde man sagen: „da kann man dran fühlen …“
Die Arbeit am Konzept Außenbeziehungen werden wir jetzt im September im Ausschuss 1 wieder aufnehmen und – davon bin ich überzeugt – zu einem guten Ende führen.
Bis dahin, Frau Franzen, freundliche Grüße.
ECOLO Resolution
Über Sinn und Zweck der von dieser Regierung geführten Aussenbeziehungen ist im Parlament des öfteren diskutiert worden (vielleicht sollte Herr Velz mal die Berichte der letzten Jahre nachlesen). Die Meinung der CSP hat sich auch nicht geändert und in den letzten Jahren hat die CSP des öfteren dieses Thema aufgegriffen. Am Rednerpult habe ich in der letzten Legislaturperiode als Fraktionssprecherin die Meinung der CSP klar und deutlich ausgesprochen. in Kürze: Es gibt Aussenbeziehungen die müssen wir pflegen (Botschaftsempfänge, Kontakte zu den anderen Gliedstaaten Belgiens ….), die sollen wir pflegen (Beziehungen zur Gro0region, zu den benachbarten Bundesländern ……), die könnten wir pflegen (Beziehungen zu entfernten Bundesländern, Europäische Staaten ….). Es muß gewährt sein, daß die Aussenbeziehungen der DG und ihren Menschen einen Mehrwert bringen. Daß diese Regierung die parlamentarischen Regeln und die Rechte der Parlamentsmitglieder mißachtet ist nicht neu, aber verwerflich. Ich werfe dieser Regierung ein undemokratisches Verhalten vor. Nach 13 Jahren Parlamentszugehörigkeit kann ich Ihnen versichern, daß das Demokratieverständnis durch das Verhalten unseres MP ständig abnimmt.
ECOLO kann ich versichern, daß ich die Resolutuion voll unterstütze.
Liebe Frau Thiemann,
dass die Außenbeziehungen für die DG (nicht nur für die Regierung) von großer Bedeutung und von großem Nutzen sind, ist weitgehend unbestritten, das belegt ja auch Ihre oben abgedruckte Antwort.
Über das „Wie“ lässt sich bekanntlich immer streiten. Daher auch die Bemühungen, im Ausschuss 1 endlich zu einem schlüssigen, von einer breiten Mehrheit getragenen Gesamtkonzept in Sachen Außenbeziehungen zu kommen.
DIe besagte Abstimmung im Ausschuss am 26. Juni ist von der ecolo-Fraktion erzwungen worden. Es handelt sich dabei um eine rein parlamentarische Angelegenheit. Die Regierung ist durch diese Abstimmung überhaupt gar nicht betroffen gewesen, der Fraktionsvorsitzende der CSP offensichtlich auch nicht, denn er fehlte auch bei dieser Ausschusssitzung.
Mit freundlichen Grüßen,
Alfons Velz,
Mitglied des betroffenen Ausschusses 1 des Parlamentes der DG
Es ist das Recht der Mehrheit, einen Kosten-Nutzen-Bericht vorzubereiten. Da sind Sie und der MP ja schon lange dran, wann wollen Sie denn nun endlich damit „zu Potte“ kommen? Wieso arbeiten überhaupt Sie sich, Parlamentarier, sich an dieser Frage ab, statt der MP und seine Verwaltung? Es ist nicht das Recht der Exekutive eine parlamentarische Anfrage zu „gewichten“ (will man nur noch die „guten“ Fragen beantworten?) und „ungefällige“ einzufrieren, bis man eine für die Mehrheit „gefällige“, nützliche und vorteilhaft präsentierte Antwort ausgefeilt hat. Es muss eine seltsame Buchführung und Kostenerfassung in Exekutive und Verwaltung geben, wenn die Kosten nicht schon seit vielen Monaten summiert werden konnten. Ich gehe also davon aus, dass es diese Aufstellung längst gibt und sie sollte – auch auf Druck des Parlamentspräsidenten – m.E. umgehend veröffentlicht werden, gerne mit dem Zusatz, dass der Nutzen dieser Ausgaben noch nachgereicht werde. Das „darf“ m.E. „sogar“ durch die Mehrheit des PDG (und der Ausschüsse dort) als „Wahlmunition“ zu Papier gebracht werden…
Dem Parlament muss es m.E. nämlich auch noch vor den Wahlen (2014) ermöglicht werden, die Richtigkeit der Zahlen zu prüfen, und sei es mit Hilfe zusätzlicher parlamentarischer Anfragen. Alles andere ist unfair, unehrenhaft und feige, wenn nicht sogar parlamentarisch fragwürdig. Das „Polieren“ dieser Zahlen zu den Wahlen ist dann eine andere Sache, da dies ja sowieso kaum objektiv sein kann…
Ich schließe mich aber allen an, die sagen, dass diese Problematik nicht das größte Problem der DG ist, allerdings ist es eine Frage der politischen Prioritäten (vielfältige und weitgehende Außenbeziehungen oder nicht?) und darüber hinaus exemplarisch für das Verhalten der Mehrheit und – ganz besonders – des MP : DAS GESETZ BIN ICH !!! Wie lange wollen die anderen Parteien in der Mehrheit das denn noch mitmachen?