Gesellschaft

Angst vor schlechten Noten, fiese Mitschüler oder Stress: Wenn die Schule Kinder krank macht

Angst vor schlechten Noten, fiese Mitschüler, Stress - Schule kann für Kinder hart sein. Foto: Shutterstock

Angst vor schlechten Noten, fiese Mitschüler, Stress – Schule kann für Kinder hart sein. Für manche ist es so schlimm, dass sie krank werden. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Übelkeit können die Folge sein. Viele gehen dann gar nicht mehr zur Schule. Fachleute sprechen von Schulangst.

Für Schulpsychologen ist es ein alltägliches Thema. Etwa 3,5 Prozent der rund 11 Millionen Schulkinder in Deutschland sind laut DAK-Kinder- und Jugendreport 2018 von Schulangst und Schulphobie betroffen – Jungen etwas häufiger als Mädchen.

Ein Kind sitzt am Schreibtisch und vergräbt beim Lernen das Gesicht in den Händen. Foto: Helen Ahmad/dpa

Schulangst und Schulphobie haben aber nichts mit Schwänzen zu tun. Denn im Gegensatz zum Schwänzen wüssten Eltern in der Regel davon.

Schulphobie sei meist eine Trennungsangst und trete bereits ab der Einschulung auf, erklärt Astrid Holch, Oberärztin der Kinder- und Jugendpsychosomatik an der München Klinik Schwabing. „Die Schulangst bezeichnet die tatsächlichen konkreten Ängste in der Schule. Prüfungsangst, soziale Ängste, Ängste aufgrund von Leistungsüberforderung oder durch erlebtes Mobbing in der Schule.“

Dass Schmerzen bei Kindern eine psychologische Ursache haben, ist nicht immer leicht festzustellen. Eltern veranlassen oft zahlreiche medizinische Untersuchungen, um eine körperliche Ursache für das Leiden ihres Kindes zu finden.

Wichtig ist zuerst, das Kind ernst zu nehmen

„Anfangs gibt es eher unspezifische Zeichen – Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit, vielleicht auch Rückenschmerzen – so dass es mal hier und mal da etwas gibt“, sagt Holch. Wichtig sei es für Eltern zunächst einmal, ihr Kind ernst zu nehmen und sich gegebenenfalls Rat holen, ergänzt Andreas Oberle, Leiter der Sozialpädiatrie am Olgahospital Stuttgart. Öffentlich wollen die meisten Familien nicht über das Thema sprechen.

Ein junges Mädchen steht am Ende eines dunklen Flures. Für manche Kinder ist die Schulangst so schlimm, dass sie krank werden. Foto: Nicolas Armer/dpa

Die Ursachen für Schulangst und Schulphobie sind vielfältig. Man müsse verstehen, wie ein Kind tickt, meint Oberle. Neben individuellen Gründen wie einer psychischen Störung, einer Lese- oder Rechenschwäche, oder Angst vor Bestrafung, gibt es auch Gründe aus dem Umfeld des Kindes: Tod, Erkrankung, Trennung der Eltern, aber auch das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern.

Gerade bei Problemen zuhause könnten sich viele Kinder nur noch schwer auf den Unterricht konzentrieren: „Das Kind hat den Kopf überhaupt nicht mehr zum Lernen frei“, sagt Gereon Schädler, Chefarzt Neuropädiatrie am Klinikum Josefinum in Augsburg.

In der Schule gibt es zudem oft enormen Druck. Schädler spricht von „krassen Leistungsanforderungen“ – für Schüler und Lehrer zugleich. Wenn einem Kind Bewältigungsstrategien für stressige Situationen und Misserfolge fehlen, kann das die Schulangst begünstigen.

Um einem Kind mit Schulangst oder Schulphobie zu helfen, ist häufig eine Psychotherapie notwendig. Ob stationär oder ambulant hängt dabei vom Einzelfall ab. Eine Therapie dauert laut Schädler rund ein bis anderthalb Jahre.

Je früher man sich professionelle Hilfe holt, desto besser

Neben einer klassischen Gesprächstherapie gibt es in der München Klinik Schwabing zahlreiche weitere Angebote für Jugendliche. In Musik-, Kunst- und Bewegungstherapien, in Gruppensitzungen oder bei gemeinsamen Ausflügen etwa zum Klettern oder zum Weihnachtsmarkt sollen die Jugendlichen einen Zugang zu ihren Gefühlen finden, eigene Grenzen überwinden und Vertrauen lernen.

Eine Frau bringt ihre Kinder zu Fuß in eine Grundschule. Nicht immer wissen die Eltern, was ihr Kind gerade bedrückt. Foto: Peter Gercke/ZB/dpa

Teil der Therapie ist auch das Herantasten an die Schule. „Die Annäherung zurück an die Schule erfolgt schrittweise. Manchmal geht der erste Schulbesuch nur bis zum Gebäude oder man sagt im Sekretariat „Hallo“ und der Lehrer begrüßt einen“, erklärt Holch.

Oftmals kämen die Kinder aber erst zu einem therapeutischen Erstgespräch, wenn sie bereits mehrere Monate in der Schule gefehlt haben, so die Experten. Die Symptomatik und das Vermeiden habe sich bei ihnen verfestigt. „Grundsätzlich gilt: Je früher man sich professionelle Hilfe holt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Situation für die Betroffenen schnell wieder bessert“, heißt es beim Schulpsychologische Dienst München.

Doch Schulangst ist nicht nur Sache der Kliniken und Schulen. Schädler sieht etwa Sportvereine als Ort, an dem ein Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen gelernt und Selbstbewusstsein geschaffen werden kann. Und auch Eltern beeinflussen mit ihrem Verhalten ihre Kinder. Deshalb können sie in einer Beratung beim Schulpsychologischen Dienst nicht nur über ihr Kind nachdenken, sondern auch ihr eigenes Agieren hinterfragen.

Holch sagt: „Meine Empfehlung wäre, mehr Mut zu machen. Eltern können sagen: Ich glaube schon, dass du das schaffst! Und wenn es doch nicht ganz klappt, macht das nichts.“ (dpa)

35 Antworten auf “Angst vor schlechten Noten, fiese Mitschüler oder Stress: Wenn die Schule Kinder krank macht”

  1. Maria Heidelberg

    Hab‘ nen Gerichtsbeschluss, indem wurde festgehalten, dass wegen des fehlenden Sozialisationsprozesses eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. So kann man sich Schule auch „schön schreiben“. In Belgien ist homeschooling erlaubt. Beim homeschooling regeneriert jedes Kind von ganz alleine. Da bedarf es keiner professionellen Hilfe, denn das Kind ist ja nicht das Problem, sondern das System Schule.

  2. Maria Heidelberg

    Sorry, ich habe mich etwas falsch ausgedrückt.

    Der Staat ist der Meinung, dass Kinder in Schulen sozialisiert werden und nutzt dieses Argument schon mal gerne um Hausbeschulung zu verhindern. Ist das ersichtlichen für Sie?

  3. Lothar Britz

    Ich bin 1948 eingeschult worden. Danach totale Armut in Ostdeutschland, nix zu essen, nix zum anziehen. Meine Mitschüler litten auch Not, und man verprügelte sich für ein Wurstbrot, so es eines gab.
    Mit einem Loch an der Stirn kam ich nach Hause….beklaut wurde jeder Zweite…und teils bespuckt, also ALLES schon mal dagewesen. Habe letztlich keinen Birnenschaden davon getragen……der wäre mir vielleicht durch einen zu Hilfe geeilten Psychiater entstanden. Also Ruhe, auch heutztage bewahren, das sogenannte Mobbing muss man auch später im Beruf ertragen, das Leben bereitet jeden schon früh darauf vor. Aber dennoch heutzutage nix gegen Psychiater, sie haben mit dieser neuen
    Welt wohl genügend zu tun……..

    • Gemein(d)e

      @Lothar Britz Wenn sie das alles nicht so schlimm finden, ist es ja ok ,wenn ihre Kinder und Enkel das gleich erleiden müssen?
      Offensichtlich haben sie doch einen Hirnschaden davongetragen und merken es auf Grund dessen nicht ein mal.

      • Lothar Britz

        Lieber Gemeine..r den Hirnschaden muss ich leider Ihnen assestieren, da Sie noch nicht mal Ihren Namen hier offen angeben….oder diesen durch Ihre Erziehung aus der Birne verloren haben……..
        Schade, daß Sie nicht wissen, wie man mit offenem Visier kämpfen kann, also Ihnen fehlt irgend eine wichtige Denk-Komponente……

        • Gemein(d)e

          Dumm ist wer im Internet unnötigerweise seinen Namen nennt, auch wenn es nicht nötig ist. Da sie weder ihren Standpunkt vertreten und ausschließlich attackieren, da muss ich wohl einen Nerv getroffen haben . Zudem heißt es Hirnschaden attestieren, nicht assestieren. Aber vielleicht sollte es eine neue Wortschöpfung werden? Vielleicht „Assi mit Tieren?“
          Wenn schon Klugscheißen, dann sollte man wenigstens keinen Fehler dabei machen.

  4. Hans Modrow

    Hunger, Psychoterror und Schläge gibt es nur im Kapitalismus, seit Merkel an der Macht ist und die Flüchtlinge da sind. Daher müssen Sie sich irren, Herr Britz. Fragen Sie die besorgten Bürger hier im Kommentar Bereich.

  5. Sehr geehrter Herr Britz,
    in der heutigen Leistungs- und Konsumgesellschaft muss man effektiv eine dicke Haut haben, um bestehen zu können. Der Weg dorthin wird schon in der Schule geebnet und die Anforderungen sind sehr hoch. Nicht jedes Kind verfügt über die nötigen Fähigkeiten diesem Druck standhalten. Die Gründe sind vielschichtig: Geistige und körperliche Konstitution, Erziehung,… Ich würde mir wünschen, dass Sie Ihre Sicht etwas fokussieren und nicht alle Kinder über einen Kamm scheren aufgrund Ihrer Erfahrung. So funktioniert es leider nicht. Was geschah denn mit den Kindern zu Ihrer Zeit, die nicht mitkamen? Ein paar Schläge auf den Hinterkopf? Oder Lineal auf die Finger? Ist das Ihr Ansatz, um Kinder heutzutage auf die Gesellschaft vorzubereiten?
    Mit freundlichen Grüßen
    An

    • Gerade die Leistungs- und Konsumgesellschaft ist das Übel. So wird unnötig Druck erzeugt. Nicht jedes Kind hat das Zeug zum Akademiker. Aber geht es wirklich darum? Müssen jetzt alle Schüler Abitur haben und studieren? Abgesehen, dass das gar nicht möglich ist: gibt es nur diesen einen Weg um später sein Leben zu meistern? Bestimmt nicht. Man kann auch sein Glück finden mit einem ganz normalen Beruf. Geld und Ansehen sind nicht alles. Es geht auch eine Nummer kleiner und stressfreier.

    • Ex-Lehrer

      Ich bin ganz bei Ihnen! Aber das darf hier nicht klar ausgedrückt werden. Passen Sie auf, auch Sie werden schnell als „Nazi“ (auch wenn Sie nicht zwischen 1933 und 1945 gelebt haben ;-)) und „Rassist“ beschimpft. Die haben das gern, die selbsternannten Guten…

  6. Pumpernickel

    Die Natur hat es so eingerichtet, dass ein Fötus mit ziemlicher Gewalt auf die Welt geschubst wird. Die Natur hat nicht vorgesehen, dass der Fötus bei der Geburt therapeutisch begleitet wird, womöglich schon ab dem 6. Monat auf die Gefahren des Lebens hingewiesen wird.

  7. Der Schulhof ist brutal. Wohlerzogene Kinder ziehen den Kürzeren. Soll man den Kindern das „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ beibringen, bevor sie in die Schule gehen?
    Die Schule ist brutal; die Lehrfächer sind brutal, weil sie die Kreativität der Kinder vermeiden statt sie zu fördern, die Rahmenpläne sind brutal (und völlig sinnlos)! Den Kampf um weniger Brutalität kann keine Schule und kein Elternhaus gegen die Brutalität der neuen Medien gewinnen (und diese dürfen die Schüler sogar mit in die Klasse nehlen – ich spreche von den Handys, die in einer Klasse nichts zu suchen haben).

  8. Schüler

    An,an
    JA Rechschreibung ist auch so eine sache, Lehrer haben keine richtige Zeit sich um uns zukümmern denn Sie müssen sich um ganz andere Sachen kümmern (spralich und und …………benehmen )

    • Boah nee...

      @Schüler:
      Sie scheinen mir ein mehrfach sitzengebliebener Schüler zu sein, Ihren Kommentaren gemäß :-)
      Hat die Pause heute etwa schon früher angefangen oder einfach nur die Schule geschwänzt?

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