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„Stunde der Wahrheit“: Staatspräsident Macron lockt die Franzosen mit neuen Milliarden-Zugeständnissen

25.04.2019, Frankreich, Paris: Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, spricht bei einer Pressekonferenz über seine Reformpläne nach der Bürgerdebatte. Foto: Michel Euler/AP/dpa

„Stunde der Wahrheit“ im Élyséepalast: Staatschef Emmanuel Macron will an einem Abend ganz viele Probleme lösen. Niedrigere Steuern, mehr Geld für Bezieher kleiner Renten: Lässt sich damit die „Gelbwesten“-Krise eindämmen?

Vier Wochen vor der Europawahl hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron den Franzosen neue milliardenschwere Zugeständnisse in Aussicht gestellt. Die Einkommensteuer solle sinken – „für diejenigen, die arbeiten“, sagte der 41-Jährige am Donnerstag in Paris. Macron sprach gleichzeitig von der Notwendigkeit, „mehr zu arbeiten“. Allein die geplante Steuersenkung werde mit rund fünf Milliarden Euro zu Buche schlagen.

Macron kündigte weiter an, dass Rentner mit Bezügen unter 2.000 Euro vom kommenden Jahr an einen Teuerungsausgleich (Indexierung) erhalten sollen. Er reagierte damit auf Kritik von Rentnern an der Regierungspolitik. Diese Maßnahme dürfte nach Medienberichten über eine Milliarde Euro kosten.

25.04.2019, Frankreich, Paris: Journalisten heben die Hände während Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, bei einer Pressekonferenz über seine Reformpläne nach der Bürgerdebatte spricht. Foto: Michel Euler/AP/dpa

Der seit knapp zwei Jahren amtierende Staatschef hatte mit einer monatelangen Bürgerdebatte auf die Dauerproteste der „Gelbwesten“ reagiert. Die Demonstrationen der „Gelbwesten“ lösten die bisher größte politische Krise in Macrons Amtszeit aus. „Ich ziehe es vor, verantwortungsbewusst und unbeliebt zu sein, anstatt zu versuchen, auf eine Art und Weise zu verführen, die völlig kurzlebig wäre“, sagte Macron.

Vor der Europawahl Ende Mai steht er besonders unter Druck. Denn die Nationale Sammlungsbewegung seiner rechtspopulistischen Erzrivalin Marine Le Pen ist der Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) in Umfragen dicht auf den Fersen oder liegt sogar gleichauf.

Macron sagte, dass bis 2022 keine Krankenhäuser und Schulen im Land geschlossen werden sollen. Er will auch eine weitergehende Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung durchsetzen. Frankreich hat eine lange Tradition eines starken Zentralstaates. In der Frage- und Antwort-Runde mit Journalisten kündigte er an, dass er die Elitehochschule ENA schließen wolle. Ein delikates Vorhaben, denn Macron ist selbst Absolvent dieser Kaderschmiede für den öffentlichen Dienst.

Das soziale Klima beruhigen und Vertrauen zurückgewinnen

Mit den Reformplänen will der sozialliberale Präsident das soziale Klima beruhigen und Vertrauen zurückgewinnen. Bereits im Dezember hatte der Staatschef soziale Maßnahmen in einem Umfang von rund zehn Milliarden Euro angekündigt. Deshalb wird das Staatsdefizit im laufenden Jahr aller Voraussicht nach über dem Maastrichter Grenzwert von drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

Macron will die nun angekündigte milliardenschwere Steuersenkung mit dem Ende von Steuervorteilen für Unternehmen und mit weniger Staatsausgaben gegenfinanzieren. Auch Mehrarbeit der Bürger sei nötig, das gesetzliche Renteneintrittsalter – 62 Jahre in Frankreich – solle jedoch nicht angehoben werden.

20.04.2019, Frankreich, Paris: Ein Mann hält ein Schild mit der Aufschrift „Macron, wir erwarten nichts von deinen Ankündigungen“ hoch. Foto: Michel Euler/AP/dpa

Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer lehnte Macron erneut ab. Die Vermögensteuer war mit dem Haushaltsgesetz 2018 abgeschafft worden, das hatte dem Ex-Investmentbanker den Ruf eingebracht, ein „Präsident der Reichen“ zu sein. Macron will die Beteiligung von Bürgern stärken, so sollen Petitionen mit mindestens einer Million Unterschriften an das Parlament möglich sein.

Während der Bürgerdebatte hatte der 41-jährige Macron seit Jahresbeginn oft stundenlang in Turnhallen und Gemeindehallen mit Bürgermeistern, Schülern oder Verbandsvertretern diskutiert. Bürger äußerten sich im Internet, bei Versammlungen oder in Beschwerdebüchern. Rund 1,5 Millionen Menschen beteiligten sich an der Debatte.

Der Protest der „Gelbwesten“ hatte sich im November an der geplanten Erhöhung der Treibstoffsteuern entzündet. Inzwischen geht es allgemein um soziale Ungerechtigkeiten, auch Macron selbst wird offen angegriffen. Bei Demonstrationen kam es immer wieder zu heftigen Ausschreitungen – vor allem in der Hauptstadt Paris.

Eigentlich wollte Macron die Pläne in einer TV-Ansprache am 15. April verkünden. Dann kam aber der Brand der Kathedrale Notre-Dame dazwischen. Darauf verzichtete Macron auf die TV-Ansprache, hielt aber an der Pressekonferenz fest. Es war das erste Mal, dass sich der Präsident bei Fragen nationaler Angelegenheiten in dieser Form von Journalisten befragen lässt. Bisher hielt der einstige Senkrechtstarter Medienvertreter eher auf Distanz.

Macron schlug auch bei den Reizthemen Einwanderung und politischer Islam harte Töne an. Zur Immigration sagte er, Frankreich stehe zum Asylrecht, wolle aber Missbrauch bekämpfen. (dpa)

13 Antworten auf “„Stunde der Wahrheit“: Staatspräsident Macron lockt die Franzosen mit neuen Milliarden-Zugeständnissen”

      • @ Fakt

        Danke für deine überzeugende Antwort. Sie belegt wieder einmal, dass aus den Reihen der Gelbwesten und ihrer Sympathisanten nichts anderes zu erwarten ist als Beleidigung. Nichts Konstruktives. Mehr als Dreck, den ihr werft, habt ihr nicht.

        Wobei ich den Gelbwesten sicherlich Unrecht tue, wenn ich dich ihnen zurechne. So erbärmlich sind die auch wieder nicht.

  1. Maxime B.

    Macron könnte den Gelbwesten sogar hochkarätige Goldwesten anbieten. Trotzdem würden diese Spinner weiterhin ihre Nation lahmlegen und Polizisten mit Fäkalien bewerfen.
    Gegen diese peinliche Bewegung kann man halt nur hart durchgreifen. Schade, dass er einlenkt.

  2. wenn Er nicht liefert was Er verspricht, dann ist Herr Macron weg vom Fenster.
    Und falls Er nicht liefert, dann haben die Gelbwesten 100% recht und deren Aktionen
    sind dann zum Aufwecken der Menschen sinvoll.
    ???

    • „Und falls Er nicht liefert, dann haben die Gelbwesten 100% recht und deren Aktionen
      sind dann zum Aufwecken der Menschen sinvoll.“
      Interessanter Satz. Und falls er dann liefert, hatten die Gelbwesten unrecht und es gibt einen Grund mehr, die Truppe mal 3-5 Jahre einsitzen zu lassen.

      Lassen wir das mal so im Raum stehen, doch tue ich mich schwer die Sinnhaftigkeit der Gelbwestenaktionen zu erkennen.

      • @Der.
        „interessanter Satz“
        und falls er dann liefert, so hat man es den Gelbwesten zu verdanken, dass
        schonmal ein Staatschef auch wieder mal auf sein Volk hört und deren Belange
        / Hilferufe erkennt.
        Durch ein besseres Sozialsystem und bessere Netto-Löhne müssen auch nicht die Staatsschulden steigen.
        2 kleine Beispiele:
        1)Wenn das Volk mehr Geld zur Verfügung hat, kann es auch mehr konsumieren und
        somit die Staatseinnahmen steigern.
        2)Eine gerechtere Umverteilung bei der man auch Maschinen-Produktion genau so wie die von Menschen geleistete Arbeitszeit versteuert und sozialabgabenpflichtig macht, wäre auch eine Möglichkeit.

        • Walter Keutgen

          Experte,

          1) Ist nur wahr, wenn eine entsprechende Dynamik entsteht.
          2) Muss wohl gemacht werden. Die Herrschenden sind ja gerade dabei, einen gewaltigen Schub Automatisierung in die Welt zu setzen.

          Man sollte auch hinterfragen, ob die Staatsschulden nicht inadäquaten Entlohnungen zu verdanken sind, denn die Leistungen, die die Staatsschulden repräsentieren, sind doch erbracht worden.

  3. Germano-Belgier

    …die Staatsschulden steigen ins Bodenlose.
    Wieder ein tolles Beispiel für meine Sammlung falsch gebrauchter Redewendungen.
    Entweder sie steigen ins Unermessliche oder sie sinken ins Bodenlose. Wenn sie ins Bodenlose steigen wären sie ja schon Unterirdisch ;-)

    BTT: Politiker aller Couleur versprechen doch immer das Blaue vom Himmel. Und nachher behaupten sie dann, sie hätten sich versprochen :-)

  4. Alles dieselben Prahler!

    Die gleichen sich allemal! Von Trump über Macron, den Michel bis hin zum Paasch! Allemal dieselben Lügner und Profitöre! Die Gier zur Macht treibt( die dazu. Das Volk muss darunter leiden, und deren Irrsinn alles finanzieren. Deren Schulden sind denen sowas egal, das diese auch noch immer höher werden. Hauptsache, ich regiere! Hier in Belgien ist das besonders gravierend. Auch hier überschlagen sich die Parolen:
    Alles umsonst, wenn ihr uns wählt!
    Wir sind die besten!
    Danach Ruhepause für einige Jahre!
    Die richtigen Probleme die packt keiner an.
    Die Renten der Alten im Lande interessieren die nicht, Hauptsache die ihren sind dick und voluminös.
    Eine Schande dieser Beruf!
    Sollten sich alle was schämen.
    Hiervor die letzten Worte: …sie hätten sich versprochen :), von wegen, die lügen am laufenden Band, wir haben auch solche hier in der DG! Leider!

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