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Er wäre gerne Trainer der Roten Teufel geworden: Christoph Daum mit 70 Jahren gestorben

01.08.2018, Sachsen, Dresden: Fussballtrainer Christoph Daum sitzt auf dem Podium des Internationalen Trainer-Kongresses vom Bund Deutscher Fussball-Lehrer in Dresden. Foto: Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa

Christoph Daum galt als Sprücheklopfer und Lautsprecher, als Motivationskünstler und Messias. Hohen Hürden hat der einstige Meistertrainer sich nie widersetzt, seinen größten Kampf nun aber verloren.

Er hätte das nie öffentlich gesagt, aber in den vergangenen Monaten ging es Christoph Daum alles andere als gut. Es gab Nächte, in denen er kaum einschlafen konnte. Tage, an denen ihm die Kraft für die einfachsten Dinge fehlte. Die Chemotherapien saugten dem früheren Meistertrainer Stück für Stück die – doch nur scheinbar grenzenlose – Energie aus dem Körper.

Trotzdem stellte er sich immer wieder vor jedes Mikrofon und sagte sinngemäß: „Ich kämpfe weiter.“ Bis zuletzt. Am Samstag ist der einstige Lautsprecher der Fußball-Bundesliga gestorben an seiner Krebserkrankung. Das teilte seine Familie der Deutschen Presse-Agentur mit. Daum wurde 70 Jahre alt.

03.07.2000, Leverkusen: Der neue Teamchef der Fußball-Nationalmannschaft, Rudi Völler, der Trainer von Bayer 04 Leverkusen Christoph Daum und Bayer-Manager Reiner Calmund (v.l.) geben eine Pressekonferenz. Foto: Ferdinand Ostrop/dpa

„Christoph Daum ist am 24. August infolge seiner schweren Krebserkrankung friedlich im Kreise seiner Familie verstorben“, heißt es in dem Statement. Die vergangenen Tage hatte Daum bereits in seinem Kölner Wohnsitz bei seiner Familie verbracht, öffentlich war er zuletzt nicht mehr aufgetreten.

Seit dem Herbst 2022 hatte er gegen den Lungenkrebs gekämpft. Erst zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück, kurz darauf kam der alte Daum wieder ans Licht: Er gab Interview um Interview, setzte sich in Talkshows oder tauchte in Podcasts auf. „Der Krebs hat sich den falschen Körper ausgesucht“, lautete seine Kernbotschaft. Mit seinem Kampfgeist wollte Daum anderen Menschen Mut machen.

Die Auseinandersetzung mit dem Krebs stand sinnbildlich für sein ganzes Leben. Schon als Kind legte er sich mit Mitschülern an, die eigentlich viel größer und kräftiger als der schmächtige Junge aus Duisburg waren.

Als junger und noch unbekannter Trainer des 1. FC Köln richtete er völlig überraschend eine Kampfansage an den großen FC Bayern und dessen Manager Uli Hoeneß – und stürzte den Bundesliga-Dominator fast sogar. Auch in seinem späteren Leben war Daum keine Herausforderung zu groß.

– Kokain-Affäre kostete Daum den Bundestrainer-Job: Doch je höher er strebte, desto tiefer stürzte er auch ab. Kurz nach seiner ersten Bundesliga-Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart 1992 verspielte er durch einen Wechselfehler die Qualifikation für die Champions League. Als bis heute einer der besten Trainer der Vereinsgeschichte von Bayer Leverkusen verhinderte die legendäre Kokain-Affäre 2000 sein eigentlich schon sicheres Engagement als Bundestrainer.

18.09.2005, Türkei, Istanbul: Fenerbahces damaliger deutscher Trainer Christoph Daum steht vor dem Spiel im Inönü-Stadion, wo Fenerbahce Istanbul gegen Gastgeber Besiktas Istanbul antritt.Foto: epa kerim Okten/EPA/dpa

Aber Daum kam zurück. Immer wieder. Er gewann weitere Titel in Österreich und der Türkei, führte den 1. FC Köln zurück in die Bundesliga und hielt ihn dort. Und immer wieder sagte er während seines bewegten Lebens diese Sätze: „Du kannst hinfallen. Es ist auch nicht entscheidend, wie oft du hinfällst. Du musst nur immer wieder aufstehen.“ Erst der Krebs hinderte ihn daran, stehenzubleiben.

– Gejammert hat Daum nie: Dabei hatten sich bis zuletzt seine Weggefährten beeindruckt von Daums Kampfgeist gezeigt. Noch im Oktober 2023 hatte Daum mit vielen von ihnen auf der Feier zu seinem 70. Geburtstag in einem Kölner Restaurant zur Musik der „Höhner“ geschunkelt. Mit dabei waren unter anderem der ehemalige Weltklassespieler Michael Ballack oder DFB-Sportdirektor Rudi Völler. Schon damals war Daums Körper vom Krebs gezeichnet. Gejammert hat er deswegen nie.

Es sei „unglaublich, wie Christoph seine Popularität nutzt, um auf seine schwere Krankheit hinzuweisen und versucht, Menschen mit dem gleichen Schicksal ein bisschen Hoffnung zu geben“, sagte etwa Völler, der einst als Sportdirektor in Leverkusen mit dem Trainer Daum zusammengearbeitet hatte. Sein ehemaliger Spieler Ballack betonte, Daum sei „auch in dieser schweren Zeit ein Vorbild für viele Menschen“.

– Öffentliche Versöhnung mit Hoeneß: Der Krebs veränderte in den Augen vieler Menschen auch das Bild, das sie bis dahin von Daum hatten. Aufgrund seiner Biografie wurde Daum davor entweder verehrt oder verachtet, etwas dazwischen gab es kaum. Sein Umgang mit der Krankheit brachte ihm Sympathien über die Grenzen des Sports hinaus ein. Selbst sein einstiger Dauerfeind Hoeneß versöhnte sich öffentlich mit Daum und zeigte sich im Rahmen einer TV-Dokumentation gemeinsam mit ihm vor der Kamera.

Und egal, wie man Daum nun in Erinnerung behält: Als Sprücheklopfer, Provokateur, Motivationskünstler, Messias, Fast-Bundestrainer oder Dauer-Vizemeister mit Leverkusen – langweilig wurde es mit ihm nie. „Andere erziehen ihre Kinder zweisprachig, ich beidfüßig“, sagte er mal. Oder: „Der Unterschied zwischen gut und spitze ist oft nur eine Fußspitze.“ Es sind nicht nur solche Sätze, die dem deutschen Fußball in Zukunft fehlen werden.

06.08.1999, Nordrhein-Westfalen, Leverkusen: Trainer Christoph Daum in der Leverkusener BayArena beim Fußball-Freundschaftsspiel seines Teams Bayer 04 Leverkusen gegen den AC Mailand. Foto: Achim Scheidemann/dpa

In der Saison 2011/2012 war Daum übrigens auch in Belgien tätig. Am 9. November 2011 wurde er neuer Trainer des FC Brügge. Er folgte dort auf den Niederländer Adrie Koster, der nach vier Niederlagen in Folge seinen Posten räumen musste.

Daum führte „Blauw en Zwart“ zum Saisonende auf den zweiten Platz der Liga; damit verbunden war ein Platz in der Qualifikations-Runde zur Champions League. Im Mai 2012 bat er aus persönlichen Gründen darum, seinen Vertrag aufzulösen, da seine Familie weiter in Köln lebte und er die räumliche Trennung als sehr belastend empfand.

Währen der Fußball-WM 2014 in Brasilien schrieb Daum für die flämische Tageszeitung Het Nieuwsblad zweimal wöchentlich eine Kolumne. Im Vorfeld verriet er in einem Interview, dass er im Jahre 2012 – nach seiner Zeit als Trainer beim FC Brügge, den er auf Platz 2 führte – beim belgischen Fußballverband Interesse angemeldet hatte, um Nachfolger von Georges Leekens zu werden, der bis dahin Coach der Roten Teufel war und 2012 völlig überraschend seinen Vertrag als belgischer Nationaltrainer auflöste, um Coach des FC Brügge zu werden.

Er habe über Roger Van Gool, den früheren Spieler des FC Köln, einen Kontakt zum belgischen Fußballverband herstellen lassen und auch ein Gespräch mit Generalsekretär Steven Martens geführt, sagte Daum. Der Verband entschied sich jedoch für den Assistenten von Georges Leekens, Marc Wilmots. „Ich hätte es auch gerne gemacht“, so Daum.

Im Vorfeld der WM 2014 hatte Daum als Favoriten Brasilien, Argentinien, Spanien und Deutschland genannt. Für Belgien wäre das Erreichen des Viertelfinales schon ein großer Erfolg, meinte er. Daum lag damit richtig: Deutschland wurde Weltmeister nach einem Finalsieg gegen Argentinien und Belgien kam ins Viertelfinale. (dpa/cre)

3 Antworten auf “Er wäre gerne Trainer der Roten Teufel geworden: Christoph Daum mit 70 Jahren gestorben”

  1. Boah nee...

    Früher konnte ich ihn nicht so gut leiden, aber als ich in den letzten Monaten in diversen Sportsendungen (Doppelpass etc…) gehört und gesehen habe, wie er seine Krankheit bewältigte und ihr gegenübertrat, alle Achtung und chapeau, Christoph Daum!
    RIP!

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