Topnews

Festival in Gent lädt die Münchner Philharmoniker mit Dirigent aus Israel aus – Entsetzen im In- und Ausland

13.07.2024, Bayern, München: Lahav Shani, künftiger Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, steht beim Konzert "Klassik am Odeonsplatz" der Münchner Philharmoniker auf der Bühne. Foto: Matthias Balk/dpa

Kurz vor ihrem Auftritt werden die Münchner Philharmoniker wegen ihres Dirigenten aus Israel von einem Festival in Gent ausgeladen. Das löst Protest in Belgien und im Ausland aus.

Die Münchner Philharmoniker mit ihrem künftigen Chefdirigenten Lahav Shani sind kurzfristig von einem Festival in Gent ausgeladen worden. Das Flanders Festival Ghent begründete die Absage des für den 18. September geplanten Konzertes damit, dass der in Tel Aviv geborene Shani auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra ist.

„Im Lichte seiner Rolle als Chefdirigent des Israel Philharmonic Orchestras sind wir nicht in der Lage, für die nötige Klarheit über seine Haltung dem genozidalen Regime in Tel Aviv gegenüber zu sorgen“, heißt es in einer Erklärung auf der Homepage des Festivals.

26.01.2024, Bayern, München: Lahav Shani, zukünftiger Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Foto: Sven Hoppe/dpa

Das Festival betonte, Shani habe sich zwar in der Vergangenheit mehrfach „für Frieden und Versöhnung“ ausgesprochen. In Übereinstimmung mit dem Aufruf des Kulturministers, des Stadtrats von Gent und des Kultursektors in Gent habe man sich aber entschieden, nicht mit Partnern zusammenzuarbeiten, die sich nicht eindeutig von diesem Regime distanziert haben.

„Aufgrund der Unmenschlichkeit der aktuellen Situation und der emotionalen Reaktionen auch in unserer Gesellschaft wollen wir das Konzert nicht stattfinden lassen“, schreibt das Festival auf seiner Homepage. „Wir haben uns entschieden, die Ruhe unseres Festivals zu wahren und das Konzerterlebnis für Besucher und Musiker zu schützen.“

In dem seit 2023 andauernden Gaza-Krieg mit einer hohen Zahl an zivilen Opfern weist Israel den Genozid-Vorwurf, also den Vorwurf des Völkermordes, zurück. Auslöser des Gaza-Krieges war der Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt worden waren, darunter auch Kinder. Israel spricht von Selbstverteidigung nach dem Terrorangriff.

03.02.2025, Belgien, Brüssel: Der belgische Premierminister Bart De Wever (N-VA). Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

Der 36 Jahre alte Shani ist seit 2020 als Nachfolger von Zubin Mehta Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra. Im Februar 2023 ernannten die Münchner Philharmoniker ihn zu ihrem neuen Chefdirigenten, sein Amt soll er im September 2026 antreten.

Shani wird damit Nachfolger des Russen Waleri Gergijew. Dieser war rausgeworfen worden, weil er sich aus Sicht des Münchner Stadtrats nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine nicht hinreichend von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, als dessen Freund er gilt, distanziert hatte.

Die Ausladung der Philharmoniker mit Chefdirigent Shani löst im In- und Ausland Entsetzen aus. Flanderns Ministerpräsident Matthias Diependaele (N-VA) distanzierte sich von der Entscheidung der Festival-Veranstaltung. Premierminister Bart De Wever (N-VA) schließt sich Diependaele an. „Jemandem allein aufgrund seiner Herkunft ein Berufsverbot aufzuerlegen, ist, gelinde gesagt, dreist und unverantwortlich“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme: „Es kommt auch kaum vor, dass Künstler ihre Gedanken schriftlich begründen müssen. Ich denke, das ist das Gegenteil von künstlerischer Freiheit. Dies wird den Ruf Flanderns und Belgiens schädigen.“

Auch Außenminister Maxime Prévot (Les Engagés) kritisierte die Entscheidung. „Wir sollten nicht verallgemeinern und denken, dass jeder Israeli oder Jude automatisch Benjamin Netanjahus Politik unterstützt“, sagte Prévot.

14.05.2025, Berlin: Wolfram Weimer, deutscher Staatsminister für Kultur und Medien. Foto: Michael Kappeler/dpa

Scharfe Kritik äußerte auch der Präsident der frankophonen Liberalen (MR), Georges-Louis Bouchez. Er bezeichnete die Absage als Schande und forderte den Rückrritt der flämischen Kulturministerin Caroline Gennez (Vooruit), weil diese die Entscheidung des Festivals unterstützt habe.

Auch im Ausland stieß die Entscheidung auf Unverständnis. Deutschlands Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sprach von „blankem Antisemitismus“ und einer „Schande für Europa“. „Europäische Bühnen dürfen nicht zu Orten werden, an denen Antisemiten den Spielplan diktieren. Das wird Deutschland nicht hinnehmen – wir werden das Thema auch in die europäische Kulturpolitik tragen.“

Die Münchner Philharmoniker seien „ein Aushängeschild deutscher Kultur und Weltklasse“ und er stehe hinter dem Orchester, betonte Weimer. „Wer ihm und seinem künftigen Chefdirigenten die Bühne verweigert, schadet nicht Israel – er schadet Europa und seiner eigenen Glaubwürdigkeit.“ Deutschland stehe an Shanis Seite. „Unsere Botschaft ist eindeutig: Wir lassen weder unsere Orchester noch unsere jüdischen Künstler ins Abseits drängen.“ (dpa/cre)

2 Antworten auf “Festival in Gent lädt die Münchner Philharmoniker mit Dirigent aus Israel aus – Entsetzen im In- und Ausland”

  1. Heuchelei!

    Welch ein maaslose Heuchelei! Die komplett verzogene Russophobie auf der einen Seite, die totale Israeliphilie au der anderen. Erstere (Russland) verteidigen NACH UN-RECHT ihr Volk (in Novorossyia) und werden verurteilt, die anderen (Israel) genozidieren nach biblischem Muster (Amalek) ein ganzes Volk, die Palästinenser und werden geschützt.
    Israel hat sich an NICHTS seit 1948 gehalten und hat nur gemordet und sich immer wieder wie ein schlecht erzogenes Kind verhalten, welches nur Chaos gesät hat.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern