Politik

ESC steht vor einer Zerreißprobe: Viele wollen nicht mit Israel auf der Bühne stehen [Fragen & Antworten]

18.05.2025, Schweiz, Basel: JJ aus Österreich, Gewinner des Eurovision Song Contest, hält während des großen Finales des 69. Eurovision Song Contest (ESC 2025) in der St. Jakobshalle auf der Bühne die Trophäe in der Hand und jubelt. Foto: Jens Büttner/dpa

Im Streit um die Teilnahme Israels steht der Eurovision Song Contest (ESC) vor der wohl größten Zerreißprobe seiner bald 70-jährigen Geschichte. Seit Monaten brodelt es unter den Teilnehmern des Wettbewerbs.

Spaniens Sender als einer der fünf wichtigsten Geldgeber hat bereits mit Absage gedroht, sollte Israel einen Beitrag zum ESC 2026 entsenden. Zuvor hatte es Boykott-Ankündigungen aus Irland, den Niederlanden und Slowenien gegeben.

– Worum geht es?

Seit längerem kursieren in mehreren Teilnehmerländern Forderungen nach einem Ausschluss Israels. Hintergrund ist der Krieg im Gazastreifen. Auslöser des Krieges war der Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt worden waren, darunter auch Kinder.

18.05.2025, Österreich, Wien: JJ (M) aus Österreich kommt am Flughafen in Wien an, nachdem er das große Finale des 69. Eurovision Song Contest in Basel gewonnen hat. Foto: Denes Erdos/AP/dpa

Seither sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mindestens 64.900 Palästinenser im Küstengebiet getötet worden, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Deswegen gab es bei den ESC-Wettbewerben in Malmö 2024 und Basel 2025 Demonstrationen. Das Gesundheitsministerium differenziert nicht zwischen Bewaffneten und Zivilisten. Die UN haben diese Angaben als glaubhaft eingestuft.

– Wie argumentieren die Kritiker Israels?

Ein immer wieder vorgebrachtes Argument ist der Vergleich zu Russland. Nach dem Einmarsch in die Ukraine ist das Land von den Eurovision Song Contest in Turin 2022 ausgeschlossen und seither nicht mehr zurück in den Kreis der Teilnehmerländer aufgenommen worden. „Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen“, sagte zum Beispiel Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez mit Blick auf Israel und Russland.

– Warum wollen die Veranstalter Israel nicht ausschließen?

Die Veranstalter, die Europäische Rundfunk-Union (EBU) in Genf, betrachten den ESC als unpolitisches künstlerisches Ereignis. Entscheidender noch ist aber nach Erläuterung von EBU-Generaldirektor Noel Curran, dass der ESC „kein Wettbewerb zwischen Regierungen“ sei. Die EBU beurteilt also nicht die politischen Handlungen der Teilnehmerländer, sondern die Unabhängigkeit ihrer Rundfunkanstalten, die dann die Künstlerinnen und Künstler entsenden. Der israelische Kan-Sender werde diesen Anforderungen gerecht. Das russische Fernsehen hingegen stehe dem kriegführenden russischen Staat zu nahe.

17.05.2025, Schweiz, Basel: Yuval Raphael aus Israel mit dem Titel „New Day Will Rise“ steht bei der Eröffnung des Finales des 69. Eurovision Song Contest (ESC 2025) auf der Bühne der St. Jakobshalle. Foto: Jens Büttner/dpa

– Warum wiegt Spaniens Absage so schwer?

Die Zahl der Teilnehmerländer variiert beim ESC jedes Jahr. Die EBU könnte also theoretisch gelassen reagieren, solange es bei einzelnen Absagen bleibt. Allerdings tobt die Debatte in mehreren Ländern. Zudem hat sich der Eurovision Song Contest seit den Anfängen 1956 zu einem der kostspieligsten Live-Events Europas entwickelt. Neben den Ausrichtern vor Ort übernehmen die ESC-Nationen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien einen Löwenanteil der Kosten. Sie bilden die «Big Five», deren Sängerinnen und Sänger seit vielen Jahren jedes Mal automatisch für das Finale gesetzt sind.

– Wie könnte eine Lösung aussehen?

Wie der Konflikt beizulegen ist, zeichnet sich bisher nicht ab. Immer wieder ist von den Verhandlungen die Rede, die die EBU noch bis Dezember mit Israel-kritischen Teilnehmerländern führen will, zu denen etwa auch Island und Belgien gehören. Anfang dieser Woche ließ ein Bericht des israelischen Portals „ynet“ die ESC-Gemeinde aufhorchen.

Angeblich habe man inoffiziell den Israelis zwei Szenarien vorgeschlagen: Ein Jahr aussetzen, in der Hoffnung, dass der Krieg 2027 vorbei ist. Oder ein Auftritt in Wien mit einer neutralen Flagge. Es folgte ein scharfes Dementi aus Genf: „Die EBU hat (dem israelischen Sender) Kan keinerlei Vorschläge mit Blick auf ihre Teilnahme beim nächsten ESC gemacht. Die Beratungen im großen Kreis unserer Mitglieder laufen weiterhin. Bevor dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, wird keine Entscheidung fallen“, so die EBU. (dpa)

18 Antworten auf “ESC steht vor einer Zerreißprobe: Viele wollen nicht mit Israel auf der Bühne stehen [Fragen & Antworten]”

    • Der Alte

      Hat zwar nicht direkt etwas mit dem Thema des Artikels zu tun aber ich tue mir den Schrott „ESC“ schon seit rund einem Jahrzehnt nicht mehr an. Früher wurden dort Gesangsbeiträge vorgestellt. Beim Lesen der Berichterstattungen habe ich den Eindruck gewonnen, dass nunmehr nur noch schräges Auftreten angesagt ist.

  1. Der Alte

    Meine Einschätzung: Der ESC wird abgewickelt werden.
    Zu groß die Gefahr, dass es der EBU gelingt den ESC relativ unpolitisch zu halten.
    Zu groß die Gefahr, dass das Publikum wieder dem israëlichen Künstler zu einem guten Ergebnis verhilft (wie in 2025, wo das Publikum diametral entgegengesetzt zu der von den ÖRR eingesetzten Jury seine Stimmen vergeben hat).

    • Pensionierter Bauer

      Die Leute die gegen die Israelischen Künstler pfeifen, würden wahrscheinlich jubeln wenn die Hamas auf der Bühne einen Künstler entsenden würde. Es ist einfach nur traurig, dass viele nicht erkennen wollen, dass es die Hamas ist, die den Schlüssel zum Waffenstillstand in der Hand hält. Die antiisraelisch eingestellten Leute sollen gefälligst auf die Hamas einwirken, damit diese endlich die Geiseln freigibt.

      • Hugo Egon Bernhard von Sinnen

        #PB/Dem Netanjahu interessieren die Geiseln nicht, diese sind nur ein Vorwand und sollen die Rechtfertigung nach außen darstellen, sich den kompletten Streifen unter dem Nagel zu reißen, um sein Ferienparadies für die Bevölkerung eröffnen zu können. Man braucht mehr Platz für neue Siedlungen , nur darum geht es, schon seit Jahrzehnten ! Man sollte sich nichts weiß machen lassen, von einem Scholz oder Merz, die glauben noch immer in der Schuld zu stehen und deshalb alles akzeptieren was da unten vor sich geht.
        Aber selbst die zwei, ändern ja im bäumchen wechsel dich Stil und Heuchler Manier, ihrer Meinung über diese Geschichte

      • Zustimmung, PB!

        @ PB

        Sie haben vollkommen recht, mit dieser feigen Terroristenbande von Hamas, die ihr eigenes Volk als Schutzschild vor sich hält, hat Israel nur zwei Möglichkeiten – „Ein Ende mit Schrecken, oder ein Schrecken ohne Ende“. Israel hat sich offensichtlich für‘s Erstere entschieden.

        Die Hamas könnte dieses schreckliche Leid ihres eigenen Volkes sofort beenden, indem sie sich Israel abseits der Zivilbevölkerung zum Kampf stellt, dass ist diesen „Helden“ aber zu gefährlich, da könnte man ja selbst getroffen werden – nein, dann ist denen lieber wenn „ihre eigene Zivilbevölkerung“ leiden muss.

      • Die Hamas wird keine Sänger entsenden. Gesang ist nicht ‚halal“. Ich habe den Fall gut in Erinnerung, wo junge Leute in einem islamischen Land ausgepeitscht wurden, weil sie ein Gesangs-Video zu „Because I’m Happy!“ aufgenommen hatten. Fröhlichkeit ist nicht gottgefällig. Und in Deutschland fahren junge Leute mit von islamistischen Organisationen gecharterten Bussen zu Anti-Israel-Demonstrationen. In den Aufrufen hierzu heißt es „Männer und Frauen sitzen getrennt.“, und die jungen deutschen, meist linken „Aktivistinnen und Aktivisten“, die Fortschritt und Freiheit auf ihre Fahnen geschrieben haben, finden gar nichts dabei, nicht einmal wenn sie homosexuell oder queer sind, obwohl sie in einem Palästinenser-Staat unter der Hamas keine Überlebenschance hätten.

    • Der Alte

      Der Leser kann gerne „israelischer“ durch „XXXX“ ersetzen. Es geht darum, dass bitte kein Widerspruch zum aktuell vorherrschenden Narrativ formuliert wird.
      In regelmäßigen Abständen wird ja „eine andere Sau durchs Dorf getrieben“. Man stelle sich z.B. vor in 2021 hätte ein Künstler teilgenommen, der eine andere Sicht als die der Regierungen in Sachen Corona-Maßnahmen vertreten hätte.

    • An „Klar“
      stellvertretend für die anderen cleveren die sich „den Müll“ nicht angucken.
      Warum lest und kommentiert ihr den Artikel denn🤣
      Das legt die Vermutung nahe, sehr nahe, sehr sehr nahe, dass ihr euch svhon auf „den Müll“ freut und natürlich reinzappt und hinterher „den Müll“ und sogar einzelne Lieder hier kommentiert.
      Siehe die letzen Jahren, in denen ihr „den Müll“ auch nicht geguckt habt🤣🤣

      Zum Thema: Israel zero points

    • Hugo Egon Bernhard von Sinnen

      Im Musikgeschäft hängt es davon ab wie viele Fans man erreicht. Und aus sämtlichen Ländern hat es schon Musiker oder Bands gegeben, deren Songs man fast auf der ganzen Welt kennt.
      Falsch an dieser Veranstaltung, ist das Fahnenschwenken, denn es verfälscht das Resultat.
      Gute Musik hat nichts damit zu tun woher die Künstler kommen, sondern ob sie Musik können. Bei dieser Veranstaltung jedoch, hat jeder die Möglichkeit, der null Ahnung von Musik hat, oder sich sonst nie dafür interessiert das Fähnchen zu wählen und nicht wirklich die Künstler. Deshalb ist Israel selbstverständlich genauso auszuschließen wie Russland.
      Aber es würden wahrscheinlich noch genug Leute applaudieren, wenn bei dieser Veranstaltung, Putin oder Netanjahu mit der Landesfahne in der Hand ein Liedchen Krähen würden.
      Deshalb sind bei dieser Veranstaltung, die beiden kriegstreibenden Länder, Russland und Israel selbstverständlich auszuschließen.
      Und wenn man dann noch die Länder ausschließt, die durch Waffenlieferungen die Situation für ein friedliches Zusammenleben, keinen Falls verbessern, würde ich mal gerne sehen welches Land dann noch auf der Bühne steht.
      Nationalstolz ist zur Zeit fehl am Platz und vor allem für die Israelis. Schämen ist angesagt.
      Ich würde mich jedenfalls schämen, einen Kriegsverbrecher als landesführer zu haben.

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