Politik

SERIE – 7. UND LETZTE FOLGE: Lambertz, der Unvollendete?

Karl-Heinz Lambertz (rechts) auf dem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn: Im Jahre 2008 berief ihn König Albert zusammen mit Raymond Langendries und François-Xavier de Donnéa (links) zum Königlichen Vermittler. Foto: Belga

„Ostbelgien Direkt“ veröffentlicht an dieser Stelle die 7. und letzte Folge der Serie „30 Jahre Lambertz: Vom ‚Genossenkiller‘ zum Senator“. Zum Abschluss geht es um die Frage, weshalb Karl-Heinz Lambertz es in 30 Jahren nicht zum föderalen Minister geschafft hat. Ist seine Karriere deswegen unvollendet?

Bis heute ist der CSP-Politiker Willy Schyns der einzige deutschsprachige Belgier geblieben, der Mitglied einer nationalen oder föderalen Regierung wurde.

In den Jahren 1972 und 1973 war der damalige Kelmiser Bürgermeister Staatssekretär für Tourismus und die Ostkantone in der Regierung unter dem Vorsitz des sozialistischen Premierministers Edmond Leburton.

Seitdem wurde bei vielen Regierungsumbildungen immer wieder spekuliert, ob vielleicht ein Deutschsprachiger auf föderaler Ebene ein Ministeramt bekleiden werde.

Lange Zeit wurden dem Eupener Fred Evers (PFF) gute Chancen ausgerechnet, später dann auch Karl-Heinz Lambertz (SP). Und noch kürzlich, nach dem Rücktritt der liberalen Verkehrsministerin Jacqueline Galant (MR), wurde der Name von Kattrin Jadin (PFF) als mögliche Nachfolgerin genannt. Es wurde aber François Bellot (MR).

Karl-Heinz Lambertz (links) im Februar 2014 mit dem damaligen Premierminister und heutigen PS-Vorsitzenden Elio Di Rupo. Foto: Gerd Comouth

Lambertz war auf jeden Fall derjenige, dem man noch am ehesten eine Rolle in einer föderalen Regierung zugetraut hätte. Als er im Sommer 2008 von König Albert II. zusammen mit Raymond Langendries (CdH) und François-Xavier de Donnéa (MR) als Königlicher Vermittler eingesetzt wurde, glaubte man denn auch, am Ministerpräsidenten der DG führe kein Weg mehr vorbei, wenn die nächste Regierung gebildet werde.

Lambertz selbst hat immer behauptet, er wolle sich auf seine Funktion als Ministerpräsident der DG konzentrieren, aber wer Lambertz kennt, der weiß, dass ein Ministeramt in Brüssel für ihn der absolute Höhepunkt seiner politischen Laufbahn gewesen wäre.

DG hatte nicht mehr seine Kragenweite

Erst wollte er DG-Minister werden, und das ist er 1990 auch geworden. Dann wollte er Ministerpräsident werden, was er auch 1999 geworden ist. Deshalb war es aus seiner Sicht nur allzu logisch, dass er 10 Jahre später auch gerne Minister in einer Föderalregierung geworden wäre.

Die DG hatte für Lambertz mit der Zeit eine zu kleine Kragenweite. Lambertz strebte nach Höherem. Das ist auch der Grund, weshalb er nach den Wahlen von 2009 immer häufiger Dienstreisen nach Brüssel, Berlin, Bozen und sonstwohin unternahm.

Karl-Heinz Lambertz (links) überreicht König Albert II. bei dessen Besuch in Eupen am 18. Juli 2013 ein Geschenk. Foto: Gerd Comouth

Frühlingsfest der DG in Berlin, Sommerempfang in Brüssel, Empfang zum Tag der DG in Brüssel, der zeitlich so terminiert wurde, dass es Politgrößen wie Guy Verhofstadt, Elio Di Rupo oder Charles Michel möglich war, am 15. November zwischen dem Te Deum und dem Empfang zum Fest des Königs im Parlament mal eben bei der DG vorbeizuschauen. Lambertz suchte immer mehr die Nähe zur nationalen und sogar internationalen Politprominenz.

Zumeist ist Lambertz ein ernster Typ, der ab und zu mal verschmitzt lächelt. Wenn er aber mit Politikern wie Elio Di Rupo oder Hannelore Kraft, der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, zusammentraf, strahlte er übers ganze Gesicht. In Gedanken spielte er längst in einer anderen Liga.

Geschichte der DG geprägt wie kein anderer

Die DG wurde Lambertz mit der Zeit zu klein. Er verlor bisweilen auch die Bodenhaftung, traute sich Dinge zu, für die er gar nicht geschaffen war, so wie den Auftritt bei der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst in Aachen, der für ihn zu einer Pleite wurde.

Lambertz Kraft normal

Beim Besuch der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Ende Oktober 2012 strahlte Karl-Heinz Lambertz übers ganze Gesicht. Fotos: Gerd Comouth

Minister der Föderalregierung ist Lambertz trotzdem nie geworden,  vielleicht auch deshalb nicht, weil er nicht so „stimmengewaltig“ war wie PS-Politiker aus Lüttich oder Verviers.

Jetzt hat er zwar als Senator eine Funktion auf nationaler Ebene zu erfüllen, aber was ist der Senat denn heute noch wert? Das Gleiche gilt für den Ausschuss der Regionen der EU, dessen Vizepräsident Lambertz derzeit ist. Genauso wie der Senat ist dieses Gremium eigentlich nur ein (kostspieliger) Debattierclub ohne wirklichen Einfluss.

Insofern drängt sich schon die Frage auf, ob die politische Karriere des heute 64-jährigen Vollblutpolitikers, der es immerhin geschafft hat, fast ein Vierteljahrhundert lang DG-Minister und 15 Jahre lang Ministerpräsident der DG zu sein, letztlich eine unvollendete bleiben wird.

Trösten darf sich Karl-Heinz Lambertz indes damit, dass er die Geschichte der DG geprägt hat wie kein anderer.

GERARD CREMER

Auf „Ostbelgien Direkt“ bereits erschienen:

SERIE – 1. FOLGE: Karl-Heinz Lambertz, der Extreme

SERIE – 2. FOLGE: Karl-Heinz Lambertz, der Allmächtige

SERIE – 3. FOLGE: Lambertz und die Medien – Die Affäre Horn

SERIE – 4. FOLGE: Lambertz, der Authentische und Verlässliche

SERIE – 5. FOLGE: Lambertz, der Schulden(frei)macher

SERIE – 6. FOLGE: Lambertz und die „Alte Dame vom Marktplatz“

21 Antworten auf “SERIE – 7. UND LETZTE FOLGE: Lambertz, der Unvollendete?”

  1. Johann Klos

    Zum Abschluss Versöhnliches seitens der Redaktion. Auch wenn viele ihn nicht mochten, er ist den Weg gegangen den er gehen wollte.

    Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort hat für KHL im Bezug auf einen föderalen Abschluss nicht sein sollen. So geht es aber vielen, auch in der freien Wirtschaft.

    Wer in der Politik Karriere machen will muss kantig sein. Genau davon hatte er eine Menge . Viele verwechseln Kantigkeit mit unsympatisch sein.

    Vielleicht überrascht er uns ja doch noch mit etwas unerwartetem.

  2. Réalité

    Für viele ist er ein ganz gewöhnlicher Politiker geblieben. Das er viel, eine Menge und hart gearbeitet hat, kann man ihm abnehmen. Die Arbeit von einem Politiker ist ja auch nie und nimmer mit einer Arbeit eines Handwerkers zu vergleichen. Daher kann und soll man auch da Äpfel mit Äpfel vergleichen. Er war ein Mensch der sich eher gerne selbst lobte und hervor tat. Er war zumeist denen gut gesonnen die ihn lobten und hervor hoben. Den meisten Kontrahenten kehrte er lieber den Rücken zu, und bestrafte sie mit Missachtung. So kam er rüber in den Medien, seinen Auftritten, im Parlament usw. Man erinnert sich besonders an die öffentliche Massregelung dem Herrn Arimont gegenüber: „Merken sie sich das“, sowie natürlich die regelrechte Ignoranz der Frau Franzen gegenüber.
    Entweder man mag ihn, oder man mag ihn nicht!? Frage des Geschmacks!?
    Wo er nicht gross punktete, dass war sein gebaren beim Reden, dass kam nicht so gut an.
    So wie es @ EiFelEr schreibt, unsere sogenannte Regierung in Eupen ist so wie sie ist.
    Eben alles eine Nummer zu gross! Und zwar eine grosse Nummer! Deswegen sollte man das ganze vergleichen so wie vorhin: Äpfel mit Äpfel!
    Nicht nur ich glaube, dass die „richtig grossen“ Politiker, hierüber belustigt hinweg sehen, und sich das ihre dabei denken!?
    Das er übrigens so lange Minister blieb, dass war ja wohl nicht immer des Wählers Wunsch!? Hm, hm.

    • Chacun a son gout

      „Entweder man mag ihn, oder man mag ihn nicht!? Frage des Geschmacks!?“

      Genau, „Réalité“.das habe ich neulich dem Kellner in einem Restaurant auch gesagt und ihn deshalb
      mit dem halbgaren Rotwildbraten zurück in die Küche geschickt…

  3. K-H Lambertz, S. Brammertz und M. Cormann.
    Drei ostbelgische Juristen mit einigen Paralellen in bezug auf Herkunft, Intelligenz, Ehrgeiz, Einsatz und Rücksicht. Zwei von ihnen haben gute Umgangsformen. Einer ist der Finanzminister eines ganzen Kontinents, einer ist Chefankläger im Rang eines stellvertretenden UNO-Generalsekretärs und der Dritte ist Gemeinschaftssenator von, nun ja, 70.000 Männekes.

      • Kartoffel Käfer

        @ Alemannia, aber sicher kennt er die Drei, wo käme er sonst an die Namen? Den ersteren lässt er durch fallen, die andern zwei nicht. Er hat Recht. Der erste wäre ganz sicher daneben gefallen, ein paar mal sogar. Warum? Weil die Resultate nicht gut waren. Daduch wurde er wurde zu wenig von den Leuten gewählt. Er hat sich danach selber in das Nest herein gewieft.

    • Den Ahlen!

      Ein Vermittler, so wie KHL es ja während der Regierungskrise mal war, sucht einen Kompromiss zwischen 2 Streitparteien. Ein Kompromiss ist (per Definition) eine Einigung, bei dem jede der Parteien Federn lassen muss.
      Aber leider konnte er genau das NICHT wenn es um die Angelegenheiten ging, über die ER entscheiden konnte/musste/wollte.

    • Fritte Bertha

      Geld Alfred! Und darauf sind wir beide heute noch stolz! Unsere Fritten sind und bleiben die besten! Siehe: „Test achats“ vom 6/6/69! „La meilleure Fritte se trouve à DURBUY“! Et ce chez Alfred Dégôut et sa tenancière „Bertha la Fritte“. La mayonaise est piquante et délicieuse, elle fond sur la langue comme le miel sous le soleil ardennais. Un art et manière de bouffe comm der döjfel!

  4. Ein Reuländer

    Es ist mit dem Lambertz wie mit vielen. Gehen sie z bspl in Rente, dann werden sie gelobt über den grünen Klee! Alles war Super, und das allermeiste war sehr gut. Dasselbe liest und hört man wenn jemand verstirbt und besonders bei Prominenten. Hier handelt es sich um einen Politiker der auf so kleinem Gebiet aktiv war, so wie die meisten Klein Stadt-Bürgermeister. Daher sollte man das berücksichtigen, und keinen Donnerschlag aus was ganz kleines machen.

  5. Unmoralisch

    Ich gebe Realité, Reuländer und Gleichgesinnten recht: Lambertz fehlte es an Stil und Anstand wenn es um politische Gegner ging. Und nur weil jemand aus seinem Dienst scheidet, muss man ihn nicht bis in den grünen Klee loben. Letztlich haben alle nur ihren Job gemacht, so wie man es von jedem Arbeiter und Angestellten erwartet. Und wer ein politisches Amt innehat und mit entsprechenden Dotationen versorgt wird, der hat noch mehr als alle anderen die Pflicht seinen Job gut zu machen. Dafür wird er gut bezahlt und das Amt genießt hohes Ansehen. Minister bedeutet „Diener“ des Staates und nichts anderes. Leider ist dies vielen Politikern nicht bewusst. Lambertz ist einer davon. Sein Bestreben waren persönlicher Machterhalt und Machterweiterung und um dieses zu erreichen, setzte er auf Drohen, Einschüchtern (s. Gerhard Cremer, Rudi Schröder u.v.a.) und Abhängigkeit, denn wer wählte ihn schließlich noch??? Das waren solche, die durch ihn einen guten Job bekommen hatten. Ohne seine Protagonisten wären seine Wahlschlappen noch deutlicher ausgefallen. Menschlich gesehen ist ein solches Verhalten verwerflich. Lambertz demonstrierte gerne seine Macht, und vergaß allzu oft das, was man als guten Stil bezeichnet. Oder hatte er gar keinen Stil? Auch verhöhnte er durch seine Auftritte im Parlament den demokratischen Gedanken und die Würde desselben. Man kann nur froh sein, dass er schnellstens von der politischen Bühne abtritt und seine Protagonisten gleich mit. Er hat uns außer Schulden nichts Bedeutendes hinterlassen.

    • Ehrlicher und tatsächlicher Bericht von Ihnen! Genau so war der Mann. Den heute in den „grünen Klee“ zu loben, wäre wohl zuviel der Sahne im Pudding. Ein ganz normaler Mensch, der nicht gerne getadelt noch kritisiert war. Einer mit einem dünnen Fell wie es so schön heisst. Wohl andere Leute kritisieren, dass bekam er gut fertig. Sehr oft nahm man wahr, besonders bei grossen Anlässen, seine Gegenüber machten des Öfteren „gute Mine“ dabei, u a mit einem kleinen Grinsen. Bei den Verhältnissen völlig verständlich. Er wird uns nicht sehr fehlen.

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