Politik

Großer Europäer und Einheitskanzler: Helmut Kohl 87-jährig gestorben

Die Deutschen sind wieder Teil eines geeinten Landes: Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Hannelore Kohl, Bundeskanzler Helmut Kohl, Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, grüßen vom Berliner Reichstag am 3. Oktober 1990. Foto: dpa

Am Freitag ist der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl gestorben. Er starb in seinem Haus in Ludwigshafen. Kohl wurde 87 Jahre alt.

Helmut Kohl war von 1982 bis 1998 Bundeskanzler, so lange wie kein anderer bundesdeutscher Regierungschef. Er ging als „Kanzler der Deutschen Einheit“ in die Geschichte ein.

Kohl galt außerdem als Wegbereiter der Europäischen Union und einer gemeinsamen Währung.

Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl. Foto: Shutterstock

Es gab aber auch Schattenseiten: Kohls System der schwarzen Kassen stürzte die CDU in eine Krise – und kostete den früheren Kanzler den Ehrenvorsitz.

Der Oggersheimer hatte seit langem gesundheitliche Probleme. Bei einem schweren Sturz im Jahr 2008 hatte er sich ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen. Als Folge konnte der Altkanzler kaum noch sprechen – und absolvierte seine seltenen öffentlichen Auftritte im Rollstuhl.

Der Staatsakt zu Ehren des Gestorbenen wird voraussichtlich in seiner Heimat Rheinland-Pfalz stattfinden.

„Der schwarze Riese“ nannte das Magazin „Der Spiegel“ am Freitag den früheren Bundeskanzler.

Hand in Hand mit Mitterrand in Verdun

Es gibt viele Stationen in seinem Leben, die herausragen, die einzigartig sind, in denen er Geschichte schrieb. Große Momente waren etwa auch das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und sein Besuch auf dem Soldatenfriedhof in Verdun Hand in Hand mit Frankreichs Staatspräsidenten François Mitterrand. Aber sein größter Erfolg war die Deutsche Einheit.

„Helmut Kohl, der Rekord-Kanzler, der Rekord-CDU-Chef – er war ein Mann, den die Menschen bejubelten oder beschimpften“, schrieb die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Die bronzenen Porträt-Büsten der drei Architekten der Deutschen Einheit: George Bush, Helmut Kohl und Michail Gorbatschow (v.l.n.r.) in Berlin-Kreuzberg. Foto: Shutterstock

Mehr als 40 Jahre war der geborene Ludwigshafener Parlamentarier, zuerst im Mainzer Landtag und von 1976 an im Bundestag. Sieben Jahre – von 1969 bis 1976 – war Kohl Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.

1982 kam Kohl durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen SPD-Kanzler Helmut Schmidt an die Macht. 16 Jahre blieb er Bundeskanzler – bis zur Bundestagswahl 1998, die er verlor. Gerhard Schröder (SPD) folgte ihm.

Sein Privatleben: 1960 heiratete Helmut Kohl die Dolmetscherin Hannelore Renner. Das Ehepaar bekam zwei Söhne, Walter und Peter. 2001 nahm sich Hannelore Kohl, die an einer schmerzhaften Lichtallergie litt, das Leben.

Sieben Jahre später schloss Kohl seine zweite Ehe mit der 34 Jahre jüngeren Regierungsdirektorin Maike Richter. (dpa/spiegel.de/cre)

 

35 Antworten auf “Großer Europäer und Einheitskanzler: Helmut Kohl 87-jährig gestorben”

    • Pensionierter Bauer

      Er hat vieles dessen was Helmut Schmidt mir Giscard d’Estaing angeleiert hat mit Fraćois Mitterrand zur Reife gebracht und umgesetzt. Vieles an der Politik unter ihm kann man natürlich kritisieren, aber ein ganz großer Europäer war er und dafür verdient er richtiges Lob.
      Die Deutsche Einheit viel ihm als Geschenk der Geschichte in den Schoß. Mit solch nicht vorhersehbaren Dingen musste er umgehen können, denn da waren nicht alle Freunde auch echte Freunde.
      RIP.

  1. Angela hatte Recht. Sein Finanzgehabe war nicht hinnehmbar und ist bis heute nicht aufgeklärt. Interessant, dass er sowohl Mitterrand, Thatcher, als auch Gorbatschow bei der Annexion der DDR um den Finger wickeln konnte. Ost- und Westdeutschland bleiben aber weiterhin so sehr geteilt wie die US-amerikanischen Nord- und Südstaaten. Unter der von ihm angeleierten Aufnahme ost- und südosteuropäischer Staaten in die EU leiden wir heute noch.

    Ansonsten bewerte ich den Herrn heute milder als damals. Insbesondere war die Einführung des Euro[s] unter Aufgabe der D-Mark ein Meilenstein, der ohne ihn nicht möglich gewesen wäre.

    • Radio Euro

      Ja, auch ich habe noch die Bilder vor mir, wie die West-Berliner mit den einfachsten Werkzeugen die Mauer zum Einsturz gebracht haben und wie bayerische Gebirgsjäger Thüringen besetzt haben. Und der Russe hat den Schwanz eingezogen und ist ohne die DDR-Bürger zu verteidigen abgerückt. Seither wird Neufünfland von der US Army voll unterdrückt.

  2. Eastwind

    Ich habe Kohl früher nicht gemocht, doch heute muss man einräumen, dass der Mann mit der deutschen Einheit und danach mit dem Euro und der Europäischen Union Großartiges geschaffen hat. RIP

  3. Marcel Scholzen eimerscheid

    Die deutsche Einheit gehört zu den Pluspunkten. Die schlecht geplante Einführung des Euro zu den Minuspunkten. Hat das innereuropaeische Ungleichgewicht noch verstärkt. War ein politisches Projekt im Rahmen der deutschen Einheit.

    • Werter Herr Scholzen,

      Die mangelhafte Planung des Euro kann man Herrn Kohl jetzt wirklich nicht anlasten. Das war der Preis den Deutschland für die Einheit zu zahlen hatte.
      Der Plan war, und das wurde nie bestritten, Deutschland wirtschaftlich zu schwächen. Briten und Franzosen wollten eine wirtschaftliche Vormachtstellung Deutschlands in Europa verhindern.
      Die Idee von Helmut Kohl und, mit Abstrichen, auch von François Mitterrand über ein geeintes Deutschland und eine gemeinsame Währung ein föderales Europa zu erreichen ist grandios an den nationalen Egoismen der neu hinzugekommenen Mitglieder gescheitert.

  4. Marcel Scholzen eimerscheid

    Kohl hat wie die anderen europäischen Staatschefs eine Mitverantwortung für die Einführung des Euro. Ich behaupte, dass absichtlich Probleme in Kauf genommen wurden, um die europäische Integration zu forcieren etwa nach dem Motto „Einheit und Einigkeit mittels Zwang zur gesamteuropäischer Problemlösung“.

  5. Prins Ambiorix van de Eburone

    Beurteilen Sie bitte den legendaeren deutschen Autokraten selbst, liebe belgische Staatsbuerger!

    Dauerkanzler Dr. Kohl …

    – verschwieg unter Verstoss gegen geltendes Recht, aber fuer ihn juristisch folgenlos, die Herkunft eines Spendenbetrags von 2,1 Millionen DM an seine Partei.
    – verweigerte den Staatsbuergern einen demokratischen Entscheid ueber Annahme oder Ablehnung des Euro als neue Waehrung.
    – erzwang die objektiv grundlos und gefaehrlich ueberhastete Wiedervereinigung, mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen für die Staatsbuerger und den Staat. Anmerkung: An der Wende und der friedlichen Revolution in der DDR hatte Dr. Kohl keinerlei Anteil.
    – forcierte ueber seinen Finanzminister Waigel, dass das chronisch ueberschuldete und bereits damals bankrotte Griechenland trotz mangelnder Qualifikation durch Buchhaltertricks und nachgewiesene Unwahrheiten in die EU gehievt wurde.
    – installierte persoenlich das fruehere FDJ-Mitglied Angela Merkel ohne Offenlegung ihrer Akte bei der Staatsicherheit der DDR als seine parteilinientreue Dauernachfolgerin.

    Alle diese Angaben sind belegte nachpruefbare Fakten.

    • Parteiloser

      “ An der Wende und der friedlichen Revolution in der DDR hatte Dr. Kohl keinerlei Anteil.“

      Und die von ihm propagierten „blühenden Landschaften“ der DDR sind auch nicht Wirklichkeit geworden, eher ein Exodus gen West’…..

      • Radio Euro

        Aber natürlich blüht der Osten. Ich war 1990 „drüben“. Und zuletzt im letzten Herbst, und davor 2 Jahre zuvor. Wenn man 1990 mit heute vergleicht, dann wurde ein Land aus dem Nichts in die Erste Welt katapultiert.

  6. Erfahrener

    Was nützt es wenn Helmut Kohl durch seine Taten in die Geschichte eingeht und 99% der Jugendlichen interessieren sich nicht mehr für die Geschichte, denn das ist die Wahrheit. Schrieb gestern einem 17 jährigen intelligentem Mädchen welches kurz vor dem Abitur steht folgendes : Helmut Kohl sei gestorben und ich hätte zu 100% auf die Antwort gehofft die ich erhalten habe : wer ist das denn???? Traurig, sehr traurig, frag mich wirklich, was die Jugend noch lernt in der Schule ?

    • Radio Euro

      Als ich 17 war hat mich die Tagespolitik nicht interessiert, geschweige denn hätte es mich interessiert, wenn ein seit langem nicht mehr aktiver, schwer kranker Politiker gestorben wäre.

        • Adelheit

          @ Anonym , dem ist absolut nichts mehr beizufügen . Seine eigene Meinung kundtun , das ist eine vernünftige Sache , aber als Klugscheisser andere Forumschreiber zu diskreditieren und sich als Besserwisser halten , ja mit solchen Zeitgenossen ist nicht viel los . Es könnte auch gut im Bereiche des möglichen sein , das diese Genossen in ihren Gemächern diktatorisch vorgehen .

  7. Wiedervereinigung ein Fehler.

    Ich persönlich habe festgestellt das es seid dem Fall der Mauer wirtschaftlich Bergab ging ohne das ich am Hungertuch nagen muss. Aber ein solidarisches Europa funktioniert nur wenn man von seinem Wohlstand abgiibt damit andere ein besseres Leben bekommen können.

  8. Treesche

    Ich habe das System Kohl miterlebt. Man sollte diesen Mann nicht zuviel loben. Es war ein sehr korruptes System.(Spendenaffaire). Menschlich gesehen war dieser Mann eine Katastrophe. Aber als Europapolitiker hat Kohl alle geschlagen. Da können wir es ihm doch verzeihen, dass der Euro kleine Fehler hat. Diese ganze Umtauscherei der Währungen hat uns im Grenzgebiet viel Geld gekostet.

  9. Zaungast

    @“Wiedervereinigung ein Fehler.“

    Und ie hätten Sie diesen „Fehler“ vermieden? Hätten Sie die Bundeswehr an der Grenze zur DDR aufmarschieren lassen, um die Leute mit Schiessbefehl zurückzutreiben? Haben Sie diese Zeit damals miterlebt?

    Die Wiedervereinigung war wie eine Naturgewalt. Die hätte niemand aufhalten können, auch die Russen nicht, was Gorbatschow klar erkannt hatte, es sei denn, er hätte ein Blutbad mit Tausenden von Toten veranstalten wollen. Und danach? Die UdSSR und auch die DDR waren politisch und wirtschaftlich am Ende. Wie bei der Französischen Revolution war „Wir sind das Volk“ stärker als Schweizer Garden und Vopos.

    • Marcel Scholzen eimerscheid

      Die Russen hätten durchaus die militärische Macht besessen, den Aufstand niederzuschlagen. Nur das hätten ihnen nichts genutzt. Wirtschaftlich war die DDR am Ende genau wie der gesamte Ostblock.

      Schlussendlich wurden die russischen Truppen dadurch demoralisiert, dass man ihnen nach Abschluss der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion den Sold in Westmarkt auszahlte. Aus strammen Kommunisten wurden wie wir konsumorientierte Menschen, denen das persönliche Glück am nächsten war. Und mit harter Westmark in der Tasche hat Kohl den Abzug der russischen Armee einfach erkauft. Ganz friedlich ohne einen Schuss abzufeuern.

  10. So war die Wirrklichkeit

    Habe mich gerade auf Welt- Online informiert , dort war zu entnehmen das Kohl ein total abgebrochenes Leben mit seinen beiden Söhnen Walter und Peter hatte . Diese beiden waren sich Freitagmorgen am Totenbett ihres Vater verabschieden . Walter lies wissen , das mit dieser Verabschiedung für ihn alles erledigt sei und er nur an seiner Mutter zurückdenken würde .

  11. Zaungast

    „Klugscheißer“ – „Dummheiten und oft kriminelle Meinungen“ – So so. Im Kontext von OD muss man solche Pöbeleien als Kompliment auffassen, zeugen sie doch davon, dass man deren Verfasser an empfindlichen Stellen trifft und dass sie keinerlei solide Argumente haben. Das ermutigt mich, weiterzumachen.

    Zu Kohl und der Art und Weise, wie mit dem Verstorbenen jetzt Schindluder getrieben wird:
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/helmut-kohl-warum-der-europaeische-staatsakt-ein-affront-ist-kolumne-a-1153518.html

    Könnte man sich auch nur einen Augenblick vorstellen, dass mit einen verstorbenen französischen Expräsidenten auch so verfahren würde? Kein Staatsakt in Paris? Stattdessen einer in Brüssel? Absurde Idee. Die deutschen Politiker, die nach Straßburg fahren werden, machen sich und ihr Land lächerlich.

    • @ Zaungast

      Der Staaatsakt in Deutschland entfällt auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn Kohl. Verbittert über die Tatsache das man, trotz der Verdienste um die Einheit, ihm aus dem Bimbes einen Strick gedreht hat hat er seinen CDU-Ehrenvorsitz abgegeben und den Verzicht auf einen Staatsakt verfügt. Wahrscheinlich sieht Herr Junckers das mit den Korruptionsvorwürfen nicht so eng das er den ausdrücklichen Wunsch von Herrn Kohl nicht respektiert.

      • Bertelsmann

        „Ausdrücklicher Wunsch von Herrn Kohl“?

        Nun, so ausdrücklich scheint der Wunsch von Herrn Kohl aber nicht gewesen zu sein:
        „Vor diesem Hintergrund ist es tragisch, dass es keinen Staatsakt zu Ehren dieses Mannes geben wird. Der war nicht gewünscht. Ob Kohl selbst oder maßgeblich seine zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter so entschied, ist letztlich gleichgültig. Beides ist gleichermaßen bedauerlich.“ (Focus)

        Dazu Walter Kohl: „Ich bin überzeugt, dass diese Idee (eines Staatsaktes in Berlin vor dem Brandenburger Tor) bei voller Gesundheit seine Zustimmung gefunden hätte.“
        http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-06/walter-kohl-tod-helmut-kohl-beerdigung

        Das jetzige Gezerre ist jedenfalls unwürdig. Wenn kein Staatsakt in Berlin, dann auch keiner in Straßburg, dem Sitz des Europaparlamentes (wo Juncker als Kommissionspräsident protokollarisch nichts zu sagen hat).

  12. Bertelsmann

    Kohl war – wie alle „Staatsmänner“ – eine Person mit positiven und negativen Seiten. Das ist nun mal so.

    Adenauer, Brandt, Schmidt, Strauss, alle hatten „Dreck am Stecken“ oder „große Verdienste“, oder beides, ja nach Standpunkt. Aber nach dem Tod sollte erst mal Zeit sein für ein Gedenken, das aber durchaus nicht völlig unkritisch sein muss.

    Was jetzt in Deutschland abgeht, ist dagegen völlig würdelos. Dazu wieder ein Link:
    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-06/helmut-kohl-erbe-altkanzler-trauerfeier/komplettansicht

    Dem kann man, muss man aber nicht beipflichten, aber in einem Punkt nicht: Wenn schon kein Staatsakt in Berlin, dass auch keiner in Straßburg. Dass sich deutsche Politiker zu Marionetten der Witwe Kohls machen lassen, ist eine (Tragi)Komödie.

    Weiter gedacht: Wird nun jeder gewesene europäische Staats- oder Regierungschef mit einem „Staatsakt“ im Europaparlament geehrt, inklusive Sargtransport per Hubschrauber? Schließlich muss ja ab jetzt gleiches Recht für alle gelten, denn „grosse Europäer“ wollen doch fast alle sein, außer T. May.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern