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Vor 50 Jahren fiel das Wembley-Tor, das zu 99,9% keines war [VIDEO]

Das „Wembleytor“: Der deutsche Torhüter Hans Tilkowski sieht, wie der Ball von der Unterkante der Latte auf oder hinter die Torlinie springt. Foto: DFB

Die älteren Fußballfans können sich noch gut an das WM-Endspiel zwischen England und Deutschland am 30. Juli 1966 erinnern. Es ging in die Fußball-Geschichte ein – und zwar aus zwei Gründen: Zum einen wurde an jenem Tag vor genau 50 Jahren England zum ersten und bisher einzigen Mal Weltmeister, und zum anderen fiel in der Verlängerung das berühmt-berüchtigte Wembley-Tor.

Es war der Treffer zur 3:2-Führung für England. Wie man inzwischen zu wissen glaubt, war es gar kein Treffer, denn zu 99,9% kann man behaupten, dass der Ball beim Schuss des Engländers Geoff Hurst unmöglich die Torlinie in vollem Umfang überschritten hatte.

In der 101. Minute überwand Hurst den deutschen Torwart Hans Tilkowski mit einem Schuss aus kurzer Distanz. Der Ball prallte von der Unterkante der Latte auf den Boden auf und wurde dann vom deutschen Verteidiger Wolfgang Weber übers Tor ins Toraus geköpft.

Der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst entschied zunächst auf Torabstoß und erst nach Rücksprache mit dem sowjetischen Linienrichter Tofiq Bachramov auf Tor. Die Kommunikation erfolgte mittels Zeichensprache, da Bachramov nur Aserbaidschanisch und Russisch sprach und die beiden Schiedsrichter so keine gemeinsame Sprache zur Verständigung hatten.

Eine Aufbereitung eines 35-mm-Films, der während des Spiels 1966 aufgenommen wurde, zeigte zweifelsfrei, dass der Ball weder während des Auftreffens an die Latte noch während seiner Flugphase vollständig die Torlinie überschritten hatte. Die Kamera, die diese Bilder aufgenommen hatte, befand sich fast auf Höhe der Torauslinie, so dass zu erkennen ist, dass der Ball den kürzesten Weg zwischen Torlatte und Linie genommen hatte und auf dieser aufsprang. Diese Erkenntnisse wurden im Mai 2006 veröffentlicht.

Die 101. Minute, die Geschichte um das Wembley-Tor nimmt hier ihren Anfang: Der Engländer Geoff Hurst (links) schießt den Ball an die Torlatte, der Deutsche Willi Schulz (rechts) kann dies nicht verhindern. Hinten in der Mitte: Franz Beckenbauer. Foto: dpa

Die 101. Minute, die Geschichte um das Wembley-Tor nimmt hier ihren Lauf: Der Engländer Geoff Hurst (links) schießt den Ball an die Torlatte, der Deutsche Willi Schulz (rechts) kann dies nicht verhindern. Hinten in der Mitte: Franz Beckenbauer. Foto: dpa

Linienrichter Bachramov, der vom Schiedsrichter Dienst befragt worden war und auf Tor entschieden hatte, schilderte in einem von ihm 1971 veröffentlichten Buch, er habe die Situation so gesehen, dass der Schuss von Hurst nicht von der Unterkante der Latte, sondern vom Netz zurückgekommen sei, wodurch sich eindeutig ergab, dass es sich um ein Tor handelte. Ob der Ball dann den Boden vor oder hinter der Linie berührt habe, sei ohne Bedeutung gewesen. Dies habe er auch nicht gesehen.

Das Wembley-Tor hatte eine vorentscheidende Wirkung auf den Ausgang dieses Endspiels, denn Deutschland musste danach volles Risiko eingehen, was die Engländer nutzten, um den 4:2-Endstand zu erzielen.

Als bemerkenswert wurde damals hervorgehoben, mit welch großem Fair-Play diese umstrittene Entscheidung von der deutschen Mannschaft hingenommen wurde. „Damals wurden wir vor Länderspielen im Ausland immer auch vorbereitet, dass wir uns als Deutsche anständig zu betragen und ordentlich zu benehmen haben“, sagte 50 Jahre später der Kapitän der DFB-Auswahl, Uwe Seeler: „So haben wir es auch da gehalten und nicht viel Theater gemacht. Nach dem Spiel haben wir dann gemerkt, dass unser Verhalten bombig angekommen ist, denn wir sind selbst von den englischen Fans gefeiert worden.“

Rächen sollte sich die damalige Fehlentscheidung, insofern es denn tatsächlich eine war, 44 Jahre später bei der WM in Südafrika. Im Spiel zwischen England und Deutschland sprang der Ball nach einem Schuss des Engländers Frank Lampard von der Latte eindeutig hinter die Torlinie. Trotzdem wurde der Treffer nicht anerkannt, England verlor 1:4.

Heute wäre der Treffer von Hurst 1966 wohl nicht und der von Lampard 2010 sehr wohl anerkannt worden, denn inzwischen gibt es die Torlinientechnik.

Das Wembley-Tor wurde übrigens jahrelang im alten Wembley-Stadion für alle Besucher des Londoner Fußball-Tempels nachgestellt. Die Szene zeigte Deutschlands Nationaltorhüter Tilkowski, der beim Schuss von Hurst schon geschlagen war, während in seinem Rücken der Ball von der Unterkante der Torlatte auf den Boden sprang. Tor oder nicht Tor? Ganz genau wird man es nie wissen. (cre/dpa/wikipedia)

Nachfolgendes VIDEO zeigt das „Wembley-Tor“ mit dem Kommentar des deutschen Reporters Rudi Michel:

16 Antworten auf “Vor 50 Jahren fiel das Wembley-Tor, das zu 99,9% keines war [VIDEO]”

  1. Ist doch ganz einfach: Wenn der Allmächtige ein Tor pfeift, dann war es zu 100% ein Tor und nicht wie in der Überschrift formuliert „zu 99,9% keines“. Im Fußball schafft die Tatsachenentscheidung des Schiris die Tatsachen, nicht die Gesetze der Physik.

    • Tut mir leid, Herr Kremer, wenn ich Ihnen widersprechen muss; Deutschland war definitiv die stärkere Mannschaft! Statistische Auswertungen des gesamten Spiels sprechen von 63% Ballbesitz seitens Deutschland, ferner gab es 17 ernsthafte Schüsse Richtung englisches Tor (2 mit Erfolg), aber nur 9 eben solcher auf das deutsche, von denen bekanntlich 4 erfolgreich waren. Unabhängige Beobachter des Spiels bewerteten die Spielfreude der Deutschen mit 85%, die der Engländer mit 62%. Sie sehen dass Ihre subjektive Einschätzung wohl ein Resultat Ihrer persönlichen Vorliebe für England sein muss. Mit sportlichem Gruss, Ihr Fenster

      • Und sie Fenster haben eine Deutschland Vorliebe . Wieso kommen sie jetzt nach 50 Jahren mit solchen aus den Fingern gezogenen Anzahl Fernschüssen , bestimmt waren die unabhängige Beobachter auch aus Ihrem gelobten Deutschland .

    • Peter Müller

      Keine Ahnung von Fussball sondern nur Hetze. Alles hat sich im Sport verbessert. schneller.höher,weiter. Bei 30 Grad zwei Spiele in 4 Tagen mit Verlängerung muss man erst mal machen.

  2. Wenn man sich auf Youtube die Bilder von so alten Spielen anschaut, ist man erstaunt, wie langsam der Fußball vor 50 Jahren war. Mindestens 3 der Tore
    in dem Finale gingen krasse Abwehr- oder Stellungsfehler voraus. Bei dem Wembleytor kann Hurst den Ball in aller Ruhe annehmen, der Schulz befand sich im Tiefschlaf. Und der Bauch von Helmut Haller!!!! Man könnte meinen, Haller spiele in einer Thekenmannschaft!!! Ich habe auch mal die Tore im „Jahrhundertspiel“
    Italien-Deutschland (4:3) 1970 bei der WM in Mexiko gesehen. Standfußball! Da lief niemand auf dem Platz! Nur die 5 Tore in der Verlängerung haben dieses Spiel so außergewöhnlich gemacht. Da lob ich mir den rasend schnellen Fußball von heute!!!

    • @ Blob ; Waren sie damals in der Juninacht 1970 vielleicht auch zu lange an der Theke , das sie hier so einen Keu vom Stapel lassen . Dieses war ein Klassespiel was in die Geschichte einging und Gianni Rivera hat es alleine entschieden .

    • Ostbelgien Direkt

      Marc Van Houtte, jetzt enttäuschen Sie mich aber. Dieses Wembley-Tor war ja nicht irgendein Tor, sondern eines, über das seit fünf Jahrzehnten gesprochen wird. Jetzt jährt sich dieses Stück Fußballgeschichte zum 50. Mal. Ist dieser Anlass nicht einen Artikel wert? Gruß

      • Marc Van Houtte

        Vieleicht weil es schon 50 Jahren von den, vor allen deutschen Medien immer wieder breit getreten wird sollte es beerdigt werden.
        Erst bei der EM brachte ein deutscher Kommentator bei einen England Spiel wieder das Wembley Tor zur Sprache. Aus vorbei und gegessen.

    • Marc Van Houtte, wenn so ein Tor vor 50 Jahren in einem Endspiel England-Belgien gefallen wäre statt in England-Deutschland, würde man in Ostbelgien noch in 100 Jahren darüber reden. Sie ärgert doch nur, dass es hier um ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft ging, geben Sie es zu! Sie kommen doch aus Kelmis, richtig? Man weiß ja, dass die Deutschen in Kelmis nicht sehr beliebt sind, wenn sie nicht gerade ein Grundstück kaufen.

  3. Mischutka

    Nichts gegen Marc Van Houtte, bestimmt nicht. Im Allgemeinen : Immer diese „Knotterei“ und Kritik, wenn an dieser Stelle ein (sehr) interessanter Bericht zu lesen ist (oder wenn jemand einen „falschen“ Kommentar schreibt…. (ich bin das ja schon gewohnt). Ich frage deshalb nochmals (ganz höflich und nett): Soll OBdirekt denn jetzt jeden Tag um 7.00 Uhr am Morgen alle „bekannten“ Leser anrufen und anfragen, was man denn zur gefälligen Lektüre wünsche ? Aber „Recht“ macht man es ja nie ….. Ich denke schon an MORGEN, 21.51 Uhr – wenn der Spielbericht der ASE an dieser Stelle erscheint ….. da haben gewisse „Fans“ wieder „Hochsaison“…. Nicht wegen den Kommentaren – jeder schreibt ja seine Meinung und das ist auch gut so. Ich meine die „Antworten“ auf einigen Kommentaren. Diese sehr oft auftauchenden Beleidigungen. Wo andere, neutrale Leute, fragen „was fällt dem denn jetzt ein ?“. Also Freunde, seit zufrieden, sehr zufrieden, daß wir das Glück haben, OBdirekt zu haben !
    MfG.

  4. Wann wird denn mal über das Tor von Lampard gegen Deutschland gesprochen/geschrieben/gelabert???????? .
    Der Ball hatte die Torlinie um 1 METER überschritten und trotzdem gab das Schiedsrichtergespann bestehende aus 6 Leute(In Worten SECHS) das Tor nicht…
    Darüber werden Die Deutschen wohl nie reden…da war es offensichtlich das Deutschland weiterkommen musste.

    • Ostbelgien Direkt

      @mich: Steht doch im Artikel: „Rächen sollte sich die damalige Fehlentscheidung, insofern es denn tatsächlich eine war, 44 Jahre später bei der WM in Südafrika. Im Spiel zwischen England und Deutschland sprang der Ball nach einem Schuss des Engländers Frank Lampard von der Latte eindeutig hinter die Torlinie. Trotzdem wurde der Treffer nicht anerkannt, England verlor 1:4.“

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