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Türkei: Putschversuch gegen Erdogan gilt als gescheitert – 265 Tote

In vielen europäischen Städten kam es Mitte Juli zu Protesten von türkischen Staatsangehörigen gegen den Putschversuch in ihrem Heimatland, so wie hier vor dem türkischen Konsulat in Stuttgart. Foto: dpa

Der blutige Putschversuch von Teilen des Militärs in der Türkei ist nach Darstellung der Regierung gescheitert. Ministerpräsident Binali Yildirim sagte am Samstag, die Situation sei wieder weitgehend unter Kontrolle. Bei dem versuchten Umsturz seien 265 Menschen ums Leben gekommen.

Der Chef des Geheimdienstes MIT, Hakan Fidan, erklärte, der Einsatz gegen die Putschisten sei weitgehend abgeschlossen. Vereinzelte Operationen würden aber noch einige Stunden andauern.

Bei 161 der Toten handelt es sich laut Yildirim um regierungstreue Sicherheitskräfte oder Zivilisten. Hinzu kämen 104 getötete Putschisten. Zudem seien 1140 Menschen verletzt und 2839 Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen worden.

Präsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte nach einer chaotischen Nacht am Samstagmorgen in Istanbul: „Die Türkei wird nicht vom Militär regiert.“ Die Putschisten seien Terroristen. Er kündigte an, die Streitkräfte „vollständig zu säubern“. Erdogan sagte, bei den Putschisten handele es sich um eine Minderheit im Militär. Fünf Generäle und 29 Oberste sollen nach Angaben aus Regierungskreisen ihrer Posten enthoben worden sein.

Türken besetzen einen Panzer in Istanbul. Foto: epa

Türken besetzen einen Panzer in Istanbul. Foto: epa

Der Präsident machte die Bewegung eines einstigen Verbündeten – des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen – für den Putschversuch verantwortlich und kündigte Vergeltung an: „Sie werden einen sehr hohen Preis für diesen Verrat zahlen.“ Gülen bestritt die Vorwürfe und verurteilte die Aktionen in einer Mitteilung scharf.

Zunächst hatte es in der Nacht geheißen, die Streitkräfte hätten die Macht in der Türkei übernommen. Das Präsidialamt bestritt dies: Erdogan sei nicht abgesetzt. Unter anderem in der Hauptstadt Ankara und in Istanbul hatte es Kämpfe und schwere Explosionen gegeben.

Bei Luftangriffen der Putschisten wurde das Parlament in Ankara stark beschädigt. Es gab Gefechte zwischen Polizei und Militär. Die Armee habe die Polizeidirektion beschossen, hieß es. Augenzeugen berichteten von Panzern in den Straßen der Hauptstadt. Yildirim hatte das Militär in der Nacht angewiesen, von den Putschisten gekaperte Flugzeuge abzuschießen.

Sowohl Erdogans islamisch-konservative Partei AKP als auch die drei im Parlament vertretenen Oppositionsparteien – CHP, MHP und die kurdische HDP – hatten sich gegen den Putschversuch gestellt. Die AKP hat seit 2002 jede Wahl in der Türkei gewonnen. Erdogan ist ein wichtiger, aber umstrittener Partner der EU in der Flüchtlingskrise.

2.700 Richter wurden abgesetzt – fast ein Fünftel der schätzungsweise rund 15.000 Richter in der Türkei. Der Chef der Richtergewerkschaft Yargiclar, Mustafa Karadag, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul, nicht nur mutmaßliche Unterstützer des Putsches, sondern auch völlig unbeteiligte Kritiker von Erdogan würden festgenommen.

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan. Foto: Shutterstock

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan. Foto: Shutterstock

Offiziellen Angaben zufolge wurden in einer ersten Aktion auch mehr als 2.800 Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen. Fünf Generäle und 29 Oberste sollen nach Angaben aus Regierungskreisen ihrer Posten enthoben worden sein.

Erdogan kündigte eine «vollständige Säuberung» des Militärs an. Er bezeichnete den Freitagnacht gestarteten Putschversuch dafür als einen «Segen Gottes». Acht türkische Soldaten setzten sich mit einem Militärhubschrauber nach Griechenland ab und beantragten dort politisches Asyl. Sie sollten möglicherweise ausgeliefert werden.

In der Nacht kam es in vielen europäischen Städten zu Protesten von türkischen Staatsangehörigen, die vor der türkischen Botschaft oder dem türkischen Konsulat gegen den Putschversuch von Militärs in ihrer Heimat protestierten, so zum Beispiel auch vor der türkischen Botschaft in Brüssel. (dpa/cre)

Siehe auch Artikel „Erdogan droht nach Putschversuch mit der Einführung der Todesstrafe“

40 Antworten auf “Türkei: Putschversuch gegen Erdogan gilt als gescheitert – 265 Tote”

    • Nö, das Militär ist nicht wahnsinnig, sondern einer freiheitlichen Grundordnung verpflichtet. Die müssen jetzt die DAESCH-freundliche Erdowahn-Regierung unschädlich machen. Wenn die Armee dies mit Gewalt oder auch ohne Gewalt schafft, dann öffne ich eine Flasche Schampus, die ich auf die Vernichtung der islamistischen Kräfte leeren werde.

      • Merowinger

        Erdogans konservative AKP hatte bei den letzten Wahlen immerhin ca. 50% erreicht. Hoffentlich wird das nicht böse enden am Bosporus. Bürgerkriegsähnliche Zustände haben wir schon zur Genüge an der Peripherie Europas.

      • KarierteSockenundneganzengeJeans

        Und Flasche schon leer? Biste wohl wie die Nationalisten in diversen Foren von ner kahlen Reise zurück gekommen :D Eins müssen Wir den Türken lassen , Eier haben Sie. Hätte man sich vereint und zeitig nen Marsch auf Antwerpen organisiert wäre uns vielleicht die Nva erspart geblieben , aber dafür sind Wir Wallonen einfach viel zu faul. Und Die Flamen? Waren schon immer Schafe die hinter Absperrungen oder Ihrem Computer Welle machen aber heulend zusammenbrechen wenn Sie auf nen Heftzweck treten! Ein Putschversuch , das Ich nicht lache, das hat schon damals jemanden nach Landsberg verfrachtet , war noch nie ne Gute Idee. Kenn Deine Geschichte ;-)

    • … schrieb gerade ein türkischer Freund: „No trouble. Do not worry about me. I am at antalya, in the village, constructing with stones. I dont know who is up to what. It seems we are in chaos and most of it in istanbul and ankara. Seems like erdo is preparing the country for revolution…..mmm, too bad!“

  1. Der lustige Eupener

    „Das ist ein Angriff gegen die türkische Demokratie“, hatte das Präsidialamt mitgeteilt
    Demokratie???????????????????
    Diktatur ohne Ende – Hoffentlich gelingt es diesen Menschen ohne viel Blut vergiessen endlich abzusetzen

  2. Guido Scholzen

    Dieses Gebaren zeigt, dass die sogenannte „Europäisierung“ der Türkei, begonnen durch Atatürk vor fast 100 Jahren nur eine oberflächliche Kosmetik der türkischen Gesellschaft war.
    Damals wurde die türkische Sprache modernisiert mit westlichen (meist französischen) Worten, die arabische Schrift wurde durch die lateinische ersetzt, die orientalische Kleidung wurde per Gesetz durch europäische ersetzt (das Tragen des Schleier für Frauen wurde eingeschränkt und das Tragen des typischen „Fes“-Hutes für Männer war gar unter Todesstrafe verboten!), die Scharia wurde ersetzt durch ein bürgerliches Gesetzbuch ähnlich dem der Schweiz, die Religion (also Islam) wurde vom Staat getrennt. Dies ging sogar soweit, dass in städtischen Moscheen Gebete nicht mehr in arabischer sondern in türkischer Sprache gesprochen wurde, was aber nicht lange anhielt).
    Wer ist ein besserer Herrscher für die Türkei? ein autoritäres Militär oder ein autoritärer Erdogan? Dieser Putschversuch erinnert eher an Tronfolgestreitigkeiten im Osmanischen Reich, wo jahrhunderte lang auch der Brudermord praktiziert wurde, bevor die Tronfolge nach europäischem Vorbild per Gesetz geregelt wurde. Es braucht eben Zeit bis sich die „Europäisierung“ dh. Modernisierung der türkischen Gesellschaft durchgesetzt. Aber warum geht dies so schleppend? weil es eben ein islamisches Land ist. Die Türkei hat kulturell mit Europa soviel gemeinsam wie Marokko mit Finnland. Also nicht viel.

    Wer in Ankara regiert, Erdogan oder Militär, ist für den Westen zweitrangig. Regiert das Militär, dann haben wir wenigstens einen verlässlichen NATO-Bündnis-Partner.

    Aber wie meinte letztes Jahr ein türkischer Satiriker in einer Zeitung: In der türkischen Politik hat es einen Fortschritt gegeben: Erdogan ist der erste demokratisch gewählte Sultan.

  3. Selbst wenn man Erdogan verabscheut, der Mann wurde demokratisch gewählt. Es ist nicht die Aufgabe der Armee, darüber zu entscheiden, wer als Staatspräsident geeignet ist und wer nicht. In Großbritannnien ist auch nicht nach dem Referendum für den Brexit das Militär eingeschritten.

    • Der lustige Eupener

      @boff
      In gb ist auch kein Diktator der da an die Macht will
      Und kaum gehts los werden schon Namen von Anführer des Putsches aus dem Ausland genannt.
      Gegen Satire vorgehen wel man ihn ne Ziegenf…. nennt.
      Normale Menschen lachen drüber und könnne sowas wegstecken nur dieses Volk nicht- Besser dessen obester Herr.
      Boff jetzt mal Butter bei de Fische
      Wer Meininungsfreiheit, Pressefreiheit usw einschränkt , der der Natoverbündeten die Einreise zu ihren stationierten Streitkräften verwehrt der denkt verkehrt
      Auch Adolf hat mal kleine Brötchen gebacken und nachher war der Mist gross
      Also weg mit Diktatoern

    • In Ausnahmefällen ist immer die Armee gefragt. Die Türkei ist im Ausnahmezustand weil der Egowahn ein doppel- gar dreifaches Spiel spielt, und dabei für viel Blutvergießen im eigenen Land verantworlich ist. Fängt an, daß er die Kurden bombardiert, aber mit Daesh handelt (für die eigene Tasche, wie es scheint); daß er die EU (diesem Misthaufen) verarscht, nimmt, nichts gibt, und noch mehr will. Sich in freien Angelegenheiten europäischer Länder einmischt. Und und und. Egal wie man es sieht, Egowahn ist wahnsinnig und er gehört weg. Ich wünsche dem türkischen Putschisten-Militär alles Gute!

    • Baudimont

      Es kann auch gewählte Diktatoren geben, Ja, auch Massenmörder Hitler wurde demokratisch gewählt !

      Soldaten der israelischen Armee, wäre auch mit Gewalt gezwungen die Bürger zu verteidigen, die Aufgabe des Militärs würden territoriale Integrität zu verteidigen und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen, der Diktator ist somit eine konstituierte Gewalt !

      Die Stellvertreter des Staates besitzen die höchste Gewalt, alle anderen Bürger sind hingegen Untertanen. Die Legitimation zur höchsten Gewalt erhalten die Stellvertreter des Staates durch eine Stimmenmehrheit. Unabhängig davon, ob man als Bürger einen anderen Kandidaten für den Posten des staatlichen Stellvertreters gewählt hat, hat man dem durch Stimmenmehrheit ermittelten Stellvertreter des Staates zu gehorchen: ,,Jeder von ihnen wird dadurch verpflichtet, dem zu gehorchen, den die größere Anzahl gewählt hat; und er muß von der Zeit an dessen Handlungen als seine eigenen ansehen.“ Ist der Staat auf diese Weise errichtet, so hat er quasi ein Entscheidungsmonopol auf alles.
      Damit ein Staat funktionieren kann, muss er finanziert werden. Diese Finanzierung erfolgt – so brutal es auch klingen mag – durch Zwang, welcher als Besteuerung oder Tribut bekannt ist. Der Staat droht seinen Bürgern Sanktionen an, sofern diese sein Einkommen nicht auszahlen:,,Besteuerung ist Diebstahl, schlicht und einfach. Sie ist Zwangspfändung des Eigentums der Staatseinwohner bzw. seiner Untertanen.

  4. Faktengeber

    Und DIESE Türkei will in die EU.! Wenn das tatsächlich mal der Fall sein sollte ( auszuschließen ist das nicht, da ja fast alle Länder die wollen, rein gelassen werden), wünsche ich mir eher den Belxit als mit den Problemen, die dann garantiert auf uns zukommen werden, konfrontiert zu sein

  5. Wann verstehen die Menschen endlich, daß Krieg IN DER GESAMTEN WELT auf dem Vormarsch ist? Auch hier, Mitten in Europa. Nennt die Dinge beim Namen und macht was. Reden hilft nicht mehr. Muß ich denn erwähnen, daß, egal wo, es immer der Islam ist, der an allem Schuld ist?

  6. Legionär

    Verwunderlich wie viele Türken jetzt den Weg auf die Strassen europäischer Metropolen finden, um für einen weiteren „blütenreinen Demokraten „Flagge zu zeigen.
    Komisch, dass das nach den Attentaten von Brüssel und Paris scheinbar nicht für nötig befunden wurde.

    Ein Schelm ,wer Böses dabei denkt -oder?

  7. Den Türken ist wirklich nicht zu helfen. Wie die meisten Türken einen Despoten wie Erdogan verehren, ist nicht zu ertragen. Nicht zu ertragen ist auch, wie Kanzlerin Merkel mit diesem Diktatur gemeinsame Sache macht.

  8. Baudimont

    Die türkische Regierung reagiert auf den Putsch mit der Absetzung Tausender Richter. Die Todesstrafe soll eingeführt werden, Erdogan ist genau wie Stalin türkische Version.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte nach dem Putsch eine „vollständige Säuberung“ des Militärs angekündigt und den Putschversuch daher als „Segen Gottes“ bezeichnet. (http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-07/tuerkei-militaer-putsch-binali-yildirim)
    Säuberungswellen der 1930er Jahre: Stalin ließ die gesamte revolutionäre Garde hinrichten.
    https://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/tuerkei

  9. Baudimont

    Herr Erdogan ist ein Diktator, ein Diktator, der Journalisten und Karikaturisten in den Knast steckt und mit Diktatoren macht man keine Geschäfte !
    Aber Michel Premier, die sich selbst LIBERAL nennt unterstützt diesen Diktator und damit hat er eklatant gegen die Meinungsfreiheit und gegen Menschenrecht verstoßen !

    http://www.rtl.be/info/monde/international/turquie-le-gouvernement-belge-salue-la-fin-de-la-tentative-de-putsch-et-soutient-la-democratie-turque–835213.aspx

  10. Das solche Länder überhaupt noch in der Weltgeschichte erwähnt werden ? Weg damit.
    Und sowas will in die EU? Ok, mit der aktuellen Führung stehen die Chancen wirklich nicht schlecht.
    Weg mit denen, bitte.
    Kann nicht endlich mal jemand klartext reden? ?

  11. Baudimont

    Amnesty International – Gefangene nach Putschversuch gefoltert !

    „Laut glaubwürdigen Berichten, die Amnesty vorliegen, beleidigt und bedroht die Polizei in Ankara und Istanbul Gefangene und verweigert ihnen Essen, Wasser sowie medizinische Versorgung. Außerdem zwingt sie Gefangene dazu, bis zu 48 Stunden in Stresspositionen zu verharren. Zudem wurden einige Gefangene brutal geschlagen und vergewaltigt.

    „Die Berichte über Misshandlungen wie Schläge und Vergewaltigung in Haft sind äußerst besorgniserregend, insbesondere angesichts der Anzahl der Inhaftierungen in der vergangenen Woche. Die grauenvollen Details, die wir dokumentiert haben, sind nur einige der Misshandlungen, die möglicherweise gerade in Hafteinrichtungen stattfinden“, so John Dalhuisen, Programmleiter für Europa und Zentralasien von Amnesty International.“ http://www.mirror.co.uk/news/world-news/thousands-turkey-coup-prisoners-raped-8485304
    http://www.amnesty.de/2016/7/24/tuerkei-gefangene-nach-putschversuch-gefoltert?destination=startseite

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