Zwischenruf

Machtgierige Menschen wie Blatter gibt es überall – leider auch bei uns

Ist Joseph Blatter korrupt? Er selbst ist es wahrscheinlich nicht, aber andere in seinem Umfeld sind es ganz bestimmt, und er hat sie geschützt – bis zu seinem Rücktritt am Dienstag. Das Machtsystem von Blatter ist mit Sicherheit korrupt. Der jetzt ehemalige FIFA-Boss selbst ist ein Machtmensch, ein Strippenzieher, der in all den Jahren im Hauptquartier des Fußball-Weltverbandes in Zürich ein weltumspannendes Netzwerk aufgebaut hat, das ihn selbst in turbulenten Zeiten an der Macht hielt – bis Dienstag. Aber Blatter ist beileibe nicht der einzige Machtmensch auf dieser Welt. Von der Sorte gibt es etliche – auch hier bei uns.

Ich will jetzt nicht angeben, bitte nicht missverstehen, aber ich selbst habe tatsächlich mal mit Joseph Blatter Bekanntschaft gemacht, wenn auch nur kurz. Das war bei der Fußball-WM 1990 in Italien, bei der ich für den Sport-Informationsdienst (SID) tätig war.

Es war nach der Gruppenauslosung in Rom im Dezember 1989. Joseph Blatter war Generalsekretär der FIFA. Nachdem der Chefredakteur des SID und ich mit unserer Arbeit fertig waren (Bericht und Stimmen zur Auslosung), gingen wir zu Blatter, der noch auf der Bühne des Sportpalastes von Rom stand und offenbar Lust auf ein Pläuschchen hatte.

Machterhalt ohne Rücksicht auf Verluste

Blatter gab sich betont locker. Er war sichtlich erleichtert, denn bei der Auslosung hatte der Zufall dafür gesorgt, dass das Gruppenspiel zwischen England und den Niederlanden, das wegen der gewaltbereiten Fans auf beiden Seiten sehr brisant war, in Cagliari auf Sardinien stattfand.

Dieses Spiel auf einer Insel, das war nämlich genau das, was sich die italienische Polizei gewünscht hatte. Die Heysel-Katastrophe war weniger als 5 Jahre her. Spiele von England galten wegen der Hooligans als sehr gefährlich, und die Partie gegen Holland erst recht.

Aus Blatter ist eine Machtmaschine geworden

Ich erzähle das nur, weil Blatter damals auf mich persönlich überhaupt nicht den Eindruck machte, ein Machtmensch zu sein. Ich hätte niemals geglaubt, dass aus ihm mal einer der meistgehassten Männer Europas würde. Er war zu jener Zeit nur ein Organisator, und zwar ein richtig guter.

Heute, mehr als 25 Jahre später, hat der 79-jährige Blatter nicht mehr viel mit dem 53-Jährigen zu tun, den ich einst im Sportpalast in Rom gesehen hatte. Aus ihm wurde im Zuge seiner 17-jährigen Präsidentschaft eine richtige Machtmaschine.

Ich gehe allerdings trotz seines Rücktritts am Dienstag immer noch davon aus, dass Blatter selbst nicht korrupt ist. Der Schweizer hatte es nicht nötig, sich persönlich zu bereichern. Was hätte ihm dies gebracht? Wenn er Geld benötigte, dann nur, um seine Macht an der Spitze der FIFA festzuzementieren. Und das machte er konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste.

Kurt Ortmann und Karl-Heinz Lambertz

Machtmenschen gibt es aber überall auf der Welt. Ein Machtmensch muss nicht notwendigerweise korrupt sein. Er ist jemand, dem jedes Mittel recht ist, um seine Machtfülle auszubauen. Und von der Sorte gibt es auch etliche bei uns. In der Politik, in der Wirtschaft, in der Justiz, in den Medien – überall.

In der ostbelgischen Politik habe ich persönlich zwei dieser Machtmenschen gekannt: Kurt Ortmann (CSP) und Karl-Heinz Lambertz (SP). Wer nach ihrer Pfeife tanzte, brauchte sich keine Sorgen zu machen. Jeder Wunsch wurde erfüllt. Aber wehe, du machtest das Gegenteil dessen, was sie von dir erwarteten!

Ich bin sicher, dass sich Ortmann und Lambertz niemals auch nur einen Euro unredlich in die eigene Tasche gesteckt haben. Wenn es aber um Macht ging, kannten sie kein Erbarmen! Wie Blatter, nur eine Nummer kleiner…

In der Justiz und in den Medien gibt es diese Machtmenschen ebenfalls. Leider.

GERARD CREMER

Siehe auch Artikel „Sensation: FIFA-Präsident Blatter tritt nur vier Tage nach seiner Wiederwahl zurück“

 

34 Antworten auf “Machtgierige Menschen wie Blatter gibt es überall – leider auch bei uns”

    • Nun, Herr Cremer, Ihren Standpunkt in Bezug auf Joseph Blatter teile ich größtenteils.
      Eine kleine Einschränkung hätte ich dennoch, wenn Sie schreiben:“ Blatter selbst wäre nicht korrupt“. Sagen wir es mal so, bis dato ist ihm persönlich noch keine Korruption nachzuweisen. Die „Einschläge“ kommen aber immer näher, siehe heutige Berichte in den Medien, wo nunmehr seine“ rechte Hand“ ins Visier der Justiz geraten ist.Von korrupten Machenschaften hat er bestimmt gewusst,
      bleibt die Frage, ob und wie lange es noch dauern wird, bis man ihm doch was persönlich nachweisen wird, bei aller Cleverness, die er in diesem Zusammenhang Jahre lang an den Tag gelegt hat…

  1. einheitspresse

    Cremer: „In der Justiz und in den Medien gibt es diese Machtmenschen ebenfalls. Leider.“
    Da hat er Recht, der Herr Cremer. Und hier im kleinen Ostbelgien ist das eine einzige Mafia mit Einheitsmeinung, im Einheitsbrei serviert. Man könnte alle Medien der DG direkt fusionieren, da könnte man viele Kosten sparen. An der Meinungseinfalt würde das nichts ändern

  2. Oskar Lindner

    Für diese Darlegung: Anerkennung in schärfster Form, Herr Cremer. Manche dieser mentalen Frakturen gehören in die psychiatrische Abteilung, aber nicht in Führungspositionen. Aber wie kann man das erklären, dass Menschen, die wohl an der „Eifeler Krankheit“ (Cerebrale Obstipation) leiden, als führende Politiker gewählt worden sein sollen, und dann nach Eupen ziehen?

    • "wie kann man sich das erklären..."

      @ Oskar Lindner, denke mal als eine Art Erklärung war „zu wenig Wissen, „zu wenig Informationsmöglichkeit, zu wenig Zeit, da damals mehr Überlebensstrategie und berufliche Ziele (Studium) den Vorrang hatte. Man bedenke, manches Elternhaus aus dem die späteren Politiker herkamen, waren teils einfache Bauernmenschen. Und schlußendlich wird auch Interesselosigkeit gepaart mit Vitamin B eine Rolle gespielt haben

  3. Objektiver Kommentar Herr Cremer, dass Sie ein kluger Mensch sind, ist allgemein bekannt, da können sich einige Kollegen bei der SZ oder FAZ oder Spiegel online mal ein Beispiel dran nehmen mit ihren Vorverurteilungen. Kompliment.

  4. Réalité

    Profiziat!Herr Cremer,für diesen Artikel.
    Sie können sich das erlauben,was wohl andere Medienleute im Kleingliedstaate sich nicht in der Form erlauben dürfen.
    Vollkommen richtig und wahrheitsgetreu der ganze Artikel.

  5. ist doch so!

    herr cremer, kann ihnen über die machtgier von ko nur zustimmen. er war Turnlehrer im college patronne, nicht mehr und nicht weniger, und was für ein Turnlehrer, ausser die schüler anzubrüllen, lief bei ihm selbst sehr wenig. er kommandierte nur herum, keine einzige Turnübung machte er vor, beim schwimmunterricht im wetzlerbad jagte er uns in’s eiskalte wasser, er blieb natürlich angezogen und begab sich damals schon ständig im aufkommenden tennisclub in küchenbergs park. man nannte ihn nicht umsonst im rdg den „General“.

  6. Macht ...

    Schlimmer noch als eine machtbewusste politische Führung ist eine schwache politische Führung mit einer machtbewussten Verwaltung. Und auch dann gibt es noch Steigerungsformen: Führung auf dem Egotrip oder mit anderen Persönlichkeitskrankheiten. So was gibt es auch bei uns. Könnten Gewerkschaften was zu sagen, wenn sie es denn wirklich wollen.

  7. Es reicht!

    Das ganze Formel 1 gedöns in Francorchamps ist doch genauso korrupt nur alles im kleineren Stiel. Unterschied die Formel 1 kostet den Wallonischen Steuerzahler (auch die DGler) jährlich 7 Millionen Euro!!!

  8. Ostbelgien Direkt

    Der STANDPUNKT-Artikel „Machtgierige Menschen wie Blatter gibt es überall – leider auch bei uns“ wurde nach dem Rücktritt von Sepp Blatter als FIFA-Präsident geringfügig angepasst. Gruß

  9. Jockel Fernau

    „Spitzbuben bedienen sich gewisser Wege, die der Anständige scheut. So kommt es zu einer ständigen Anreicherung der höheren Gesellschaft mit Schurken.“

    Prof. Hermann Olberth

    Sie sind sich also sicher. Dann auch gut.

  10. Ich würde sagen, dass in der Politik jeder Minister ein Machtmensch ist. Er sorgt mit allen Mitteln dafür, dass er an der Macht bleibt. Unliebsamer Gegner werden kaltgestellt. Genau das hat Blatter jahrelang gemacht.

  11. Vereidiger

    Nuance: Herr Blatter ist noch nicht abgetreten, sondern er hat seinen Rücktritt angekündigt !! Er scheidet erst dann aus dem Amt, wenn ein Nachfolger bestimmt ist. Und das wird frühestens in ein paar Monaten sein.

  12. Blatters Nachfolger

    @ Marc van Houtte, welchen Heiligenschein ziehen Sie persönlich denn hier bei OD an? Erinnere mich noch an Zeiten wo auch SIE Macht gegenüber einer weiblichen ostbelgischen Person im Netz demonstriert haben(10.50 h)

      • "wer diese Frau..;;"

        @ Van Houtte, ich mache mir nicht die Arbeit, Ihnen Nachhilfe zu geben betreffs dieser Frau, weise auf älter OD-Artikel hin, dort können Sie Ihr eigenes Geschriebene sicher noch persönlich nachlesen. Tippe mal darauf, dass OD, sollten Sie entsprechen Such-Probleme haben, Ihnen gerne „etwas unter die Arme greifen wird“. Meine persönliche Meinung, allerdings ist, manche Männer sind Männer neigen zu „Macho-Verhalten“, wenn es ihnen aber an den Kragen geht, neigen diese nicht nur zur Feigheit, nein sie sind es! (Damit ist natürlich nicht OD gemeint)

            • ja, ja wundert mich nicht

              @ van Houtte, gehe mal davon aus, dass dieser Name in Zukunft (fast gar nicht mehr bei OD zu lesen sein wird) Als Grund dürfte ein o.e. Adjektiv sein. Dann wird er es genau wie ich handhaben, d.h. mit Nick schreiben. Damit behaupte ich aber nicht, dass ich auch feige bin. Dass ich mit Nick schreibe, basiert auf eine ganz andere Ursache, die u. Umständen OD bekannt sein dürften

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