Leserbrief

Linda Nix: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst?!

Reaktion auf einen im Gemeindebrief „Die Brücke“ erschienenen Beitrag von Dariusz Tomzak, Pfarrer der evangelischen Gemeinden Eupen/Neu Moresnet (Monatsspruch Juli).

Im genannten Beitrag, (zynischerweise) unter der Rubrik „Besinnliches“, empört sich Herr Tomzack über die neuentdeckte Toleranz der Kirche gegenüber homosexuellen Menschen sowohl im Allgemeinen als auch insbesondere die (scheinbar neu eingeführte) Akzeptanz von homosexuellen Pfarramtsanwächtern durch die (evangelische) Kirche.

Zitat Tomzak: „Wir (…) werden überfremdet durch die pseudochristliche erotische Idylle, die jetzt ihren Einzug ins Pfarramt feiern kann, (…) halten wir aber fest: Wer blind dem sexuellen Trieb um jeden Preis folgt, sagt Ja zum Fleisch und Nein zum Geist. Der Mensch ist aber nur frei, wenn er auch Nein sagen kann zum goldenen Stier und Ja zur heiligen Schrift. Darum, wo die Schatten der weltlichen Unordnung wachsen, da wird das Licht göttlicher Ordnung um so heller leuchten!“

Die Interpretation, welche göttliche Maßnahme sich Herr Tomzak unter dem „Licht göttlicher Ordnung“ genau für die „Anbeter des goldenen Kalbes“ (oder die goldenen Kälber selbst) ausmalt, sei hier jedem selbst überlassen.

„Wer blind dem dem sexuellen Trieb um jeden Preis folgt“

Mich bestürzt immer wieder aufs Neue, wie viele Menschen scheinbar dem Vorurteil erliegen, oder dies zumindest vorgeben, die Beziehungsformen in der Homosexualität basierten im Vergleich zur Heterosexualität ausschließlich oder zum größeren Teil auf oberflächlichen, rein sexuellen Ebenen, ohne tieferliegende Gefühle.

Anscheinend wird der Homosexualität als (sexuelle) Identität an sich hier unterstellt, anderen (emotionalen) Gesetzmäßigkeiten zu unterliegen, als der Heterosexualität „an sich“.

Heutzutage muss doch selbst den romantischsten und verklärtesten Mitgliedern unserer Gesellschaft, genauso wie den konservativsten und bigottesten, bekannt sein, und zwar aus dem Biologieunterricht(oder alternativ Galileo Mystery), dass es sich bei den verschiedenartigen Emotionen, die uns im Bereich Liebe/Partnerschaft/sexuelle Anziehung(,…) bewegen können, um rein biochemische Prozesse handelt, die durch die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe im Gehirn verursacht werden.

Dass die Anhänger der christlichen Religionen es nicht so mit den wissenschaftlichen Unterrichtsfächern haben, ist ja nichts Neues, aber die Rolle von Botenstoffen wird hier doch keiner bestreiten wollen, ich vermute(hoffe!), auch Herr Tomzak nicht.

Daran anknüpfend, hier eine sensationelle Neuigkeit für Herrn Tomzack:

Homosexuelle Menschen sind in der Ausschüttung von Bindungshormonen und anderen Liebesgefühle auslösenden Botenstoffen genauso fleißig wie heterosexuelle Menschen auch, und erleben selbstverständlich dieselbe Palette an mannigfaltigen Gefühlsvariationen zwischen verknallt sein, innigster Liebe und der reinen Befriedigung von körperlichen Bedürfnissen, wie Heteros auch.

Natürlich! Wer einmal ein verliebtes homosexuelles Paar erlebt hat, kann bei solchen Vorurteilen nicht mehr aufhören, den Kopf zu schütteln (oder gegen die Wand zu schlagen).

Viel eher spielen da soziale Faktoren wie Erziehung und Umfeld eine Rolle, aber das ist wohl ein anderes Thema.

Diese von Unbeteiligten subjektive Reduzierung von gleichgeschlechtlichen Verbindungen allein auf die Sexualität, als wäre das erleben von authentischen Liebesgefühlen allein den Heteros Vorbehalten, ist anmaßend, ignorant und lächerlich, – vor allem aber diskriminierend.

Anscheinend entstehen aber tatsächlich immer wieder Vorurteile, vermutlich basierend auf dem Begriff „sexuelle Identität“ bzw. „sexuelle Orientierung“, die scheinbar oftmals zur Missinterpretation einladen.

Nun, dann hat die betreffende Person nicht nur das Fach Biologie verschlafen, sondern auch Sprachen, da sich der Begriff „Sexe“ von der Bedeutung „(biologisches)Geschlecht“ ableitet, und mit dem Geschlechtsakt an sich erst mal überhaupt nichts zu tun hat.

Hier also noch mal zum Mitschreiben: Die sexuelle Orientierung oder Identität meint nicht nur die Geschlechtswahl des potentiellen Sexualpartners, sondern genauso des Partners wie des Heiratskandidaten!

Gerade als religiöser Mensch, der an das Wort Jesu oder wessen auch immer glaubt, muss doch verstehen, dass Liebe nicht steuerbar ist..

Was für ein Leben weisen Sie, Herr Tomzak, denjenigen zu, die Ihrer Meinung nach die eigenen Gefühle und Ihre Identität als “falsch“ oder “schlecht“ unterdrücken sollten? Eine lebenslängliche Verdammung zu keuschem Dasein in Einsamkeit, ohne das Erleben von Liebe und Partnerschaft, aus vermeintlicher Gottgefälligkeit? („Du sollst Deinen nächsten lieben wie Dich selbst“)

Oder eher das Verleugnen der wahren Gefühle und eine erzwungene heterosexuelle Partnerschaft ohne echte Liebe? („Du sollst nicht lügen“)

Es ist eine eigentlich erfreuliche Nachricht, dass selbst die Institution Kirche inzwischen endlich beginnt, die Toleranz vorzuleben, die wir auf dem gesamten Erdball dringend benötigen, damit alle Menschen irgendwann endlich das Recht und den Freiraum erhalten, ein in jeder Hinsicht erfüllendes Leben zu führen, ohne je wieder Verfolgung, Diffamierung oder Missgunst erleben zu müssen.

30.7.2015 Linda Nix, Kettenis

45 Antworten auf “Linda Nix: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst?!”

  1. Karl-Josef

    LIebe Linda, so Du andere wie Dich selbst Liebst ( sollte es so sein );
    so wirst Du “ Gekreuzigt “ von denen die Dich nicht
    verstehen. Oder Du bist Alltagsblind; siehe Heuchler und sonstige auch Erbschleicher usw..

    • Lieber werde ich jeden Tag von der Menschheit enttäuscht, als zu denken sie wäre schlecht.

      Möchtest du verhindern, dass Menschen dich mit offenen Armen empfangen oder möchtest du gewarnt werden, dass die Welt auch schlechte Seiten hat?

      Natürlich gestehe ich ein, dass ein gewisses Risiko im Vertrauen besteht, jedoch ist mir dieses Risko wirklich viel lieber als eine Depression.

      grüße marcel

  2. Robespierre

    @Linda Nix: Anerkennung in schärfster Form, ein wunderbarer Kommentar. Verraten Sie den Lesern auch noch, was sie geraucht und getrunken haben, bevor sie diese Ergüsse verfasst von sich gaben? Selten so einen Schwachsinn gelesen.

  3. Karl-Heinz Braun

    @Robespierre: Anonymes Trollen sowie Beleidigungen statt Argumente haben bei OD wieder einmal Hochkonjunktur.
    Danke Frau Nix für ihren Leserbrief. Homophobe Christen gibt es leider noch zu viele.

  4. Grundsaetzlich sagen Religionen , dass Gott Dich liebt .(Punkt)
    Also folgt daraus , alles andere , was Hass-/Prediger oder Missionierer erzaehlen braucht nicht beachtet oder uebernommen werden – siehe 1. Regel Gottesliebe.
    Nehmen Sie Ihre Liebsten fuer 1 Minute in den Arm und die Liebeswaerme uebertraegt sich auch ohne kluge Sprueche…

    • Anhang:
      auch der Inhalt aller Religionsbücher steht hinter der 1.Regel – neutral ausgedückt : „Du bist geliebt ohne etwas dafür tun zu müssen “
      Alle Bücher sind von Menschen geschrieben : diese stellen immer Bedingungen auf – menschlich ;
      also brauche ich das Geschriebene nicht zu beachten , wenn ich zum Hass aufgerufen werde , wo wäre da noch Platz für (Selbst/Gottes) -LIEBE
      diese Selbsternannten Religiösen sind so fanatisch , weil sie sich in ihrer Fehlerhaftigkeit ablehnen also über die erste Regel ihrer Religion stehen wollen , mehr als ihr Gott zu sein.
      Solchen armen Geschöffen brauchen wir doch nicht hinterher zu laufen – nur in Acht nehmen sollte man sich …

      • Noch einmal, im Koran wird zur Tötung von „Ungläubigen“ aufgerufen. Der Koran ist die Grundlage des Islam.
        Sie können natürlich sagen, der Islam wäre keine Religion, aber Sie können nicht gleichzeitig bei Ihrer Aussage „Grundsaetzlich sagen Religionen , dass Gott Dich liebt .(Punkt)“ bleiben und den Islam eine Religion nennen.

        • Wenn wir die Bibel als Anleitung zum Leben zu Rate ziehen, ist es um unsere Menschenrechte nicht besser bestellt als beim Koran.

          Der Koran, so auch die Bibel befürworten kritisches Hinterfragen. Oder lebst du strikt nach den 10 Geboten? Nicht alles was in Büchern steht, muss man in seinem Glauben tief verankern. Das ist weder beim Koran, noch bei der Bibel so.

          Traurigerweise wird es dennoch getan.

    • @ nmm Finden Sie das besser?

      Todesstrafe für Homosexuelle!

      „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; …“

      (3.Mose 20,13)

      Andersdenkende und Andersgläubige (sogenannte „Gottlose“) sollen sterben!

      „Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten! …“

      (Psalm 139,19)

      Und die ganze Beute dieser Städte und das Vieh teilten die Israeliten unter sich; aber alle Menschen erschlugen sie mit der Schärfe des Schwerts, bis sie vertilgt waren, und ließen nichts übrig, was Odem hatte.“

      (Josua 11,14)

      „Dazu wird der HERR, dein Gott, Angst und Schrecken unter sie senden, bis umgebracht sein wird, was übrig ist und sich verbirgt vor dir. Lass dir nicht grauen vor ihnen; denn der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, der große und schreckliche Gott.“

      (5. Mose 7,20-21)

    • Ganser Petra

      Bin auch der Meinung, dass Liebe deinen Nächsten nichts mit der Religion des Islams zu tun hat. Was bringt das denn, wenn wir die anderen (Islamisten) lieben, diese uns aber nicht und am Ende heißt es dann, wir müssen den Koran auswändig kennen oder Rübe ab. Da hat die Nächstenliebe dann auch nichts gebracht.

  5. Eigentlich habe ich doch gesagt , dass ich alle Religionsbücher nicht für so wichtig nehme.
    Meine Idee war , wie bekomme ich als einzelner ein gutes Lebensgefühl , um mit meinen Lebensumständen glücklich und geliebt zurecht zu kommen .
    Und besonders nicht nur mit der Forderung “ erst ,wenn Du so bist , bist Du liebenswert und wertvoll “ sondern -jetzt und heute .
    Was in verschiedenen Büchern steht hilft für meine Lebensliebe nicht immer weiter , also brauche dies auch nicht zu bewerten .
    Wer Gewalt haben will , der findet immer einen Grund , wer eine Gruppe schlecht machen will – Übersieht die guten Menschen in dieser Gruppe und will nicht seine eigenen „Bösen“ nicht erkennen .
    ‚gemeinsamer Feind macht stark ‚ …
    Ich finde, nehmen wir unsere Liebsten 1 Minute in den Arm … machen wir etwas gutes und das bringt weiter .

  6. Karin Schneider-Scholzen

    @ Herrn Tomczak: Selten so viel gefährlichen Stuss gelesen aus der Feder eines heute noch amtierenden Geistlichen hier zu Lande!
    @ Linda nix: Kompliment zu deinem Kommentar!

  7. Kontaktlinsen

    @Robespierre, ist ja entsetzlich Ihr Wortschatz! Ähnlich wie der Typ, den Frau Kerstges vor einigen Woche auf BRF-Web meint fragte, ob er seine Erziehung im Schweinestall genossen habe!
    @Karin Schneider, auch Ihrerseits wurden die Muslime kürzlich in Schutz genommen, heute durften sie auf GE lesen, dass Frau Kerstges vermutlich an einem bestimmten Abend einen ganz großen Schutzengel hatte. Aus sicherer Quelle wurde mir zugetragen, dass sie, aus einem Gefühl heraus, gewisse muslimische Telefonr. aufbewahrt hatte. Ob Sie noch immer so naiv denken und handeln?!

  8. Eifelfreund

    Gut geschriebener Leserbrief Drau Nix, Kompliment !
    Allerdings muss die homosexuelle Gruppe sich auch manchmal die Kritik gefallen lassen, dass ihr Auftreten bewusst stören will.
    Mich stört es nicht, wer mit wehm schläft, mich stört es allerdings, dass einige Menschen aus der homosexuellen Gemeinschaft uns allen an ihrem Liebesleben teilnehmen lassen. Desgleichen ist es störend, wenn sich ableckende Lesben/Schwule mit lauter Musik durch Strassen fahren lassen.
    Das würde mich auch bei heterosexuellen stören, aber es kommt seltener vor.
    Ich bin mir sicher, dass Homosexuelle es einfacher haben würde, wenn sie (nicht alle) es weniger darauf anlegen würden, aufzufallen.

  9. Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein...

    Zuerst mal bitte den Kommentar lesen.

    http://brf.be/national/900945/

    Ich bin bekennender, evangelischer Christ, und empört über Herrn Tomczaks Ausführungen. Es ist nicht das erste Mal das er sich, auf empörende Weise, zu Themen äußert. Er bedient damit die konservativen Kräfte unserer Kirche und spricht, leider, vielen Mitgliedern aus der „Seele“.

    Es gibt aber genug Leute die ihm da auch widersprechen und seine an den Haaren herbei gezogenen Vergleiche einfach nur peinlich finden.

    Solche Pfarrer braucht keine Kirche und er erweist uns damit einen Bärendienst. Wer die „Brücke“ ganz gelesen hat wird auch das Statement des Presbyteriums gelesen haben. Zumindest bei diesen Leuten ging ich, bisher, von einem gesundem Menschenverstand aus…

    Wenn jetzt aber alle Menschen aus der Kirche austreten würden weil einige Unverbesserliche meinen uns mit ihren Erleuchtungen beglücken zu müssen, so wäre das der falsche Weg. Ich werde unserem Pfarrer mehr als deutlich sagen was ich von seinem Geschreibsel halte.

    Schade bei dieser Diskussion finde ich das viele Schreiber einfach am Thema vorbei schreiben und einfach schon mal auf Verdacht über die Institution Kirche schimpfen.

    Wer Toleranz verlangt soll sie dann auch den Leuten zu gestehen die den Glauben in ihrem Leben fest verankert haben.

  10. Kontaktlinsen

    @“wer ohne Sünde…;“ Ja, kann Ihnen beipflichten, vor allem das ältere Semester klammert sich sowohl am Titel als auch am Amt fest. Der eine lügt wissentlich!!!! der andere zieht herrschen vor.
    Bin katholisch, auf „sowas“ an Geistlichen kann ich in der Tat verzichten, sogar freiwillig auf den Gottesdienst! Ist schon mehrmals geschehen.

  11. Kontaktlinsen

    Nachtrag von 12.05 h
    Kürzlich wurde mir das Jahresprogramm vom Foyer/Moresnet zugestellt. Ich traute meinen Augen nicht!!! als ich las WER dort als Geistlicher einen ganzen Tag lang referieren soll! NEIN!!! dann ziehe ich eine ganze Woche freiwilliger Isolation vor als einen einzigen Tag mit DEM!
    Seltsam! Den Geistlichen Jean Pohlen finde ich ok, sein weibliches personal, das ich teils sehr gut kenne Vorname= M (usw).
    An Jean Pohlen, Sie betreuen die Busreise nach Lourdes an der ich auch teilnehme, vielleicht kann man mal ein Gespräch zusammen haben!

      • Untertauchen

        Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß es bei „Gerhards“, der ja gern über sich redet – WEN interessiert was „Gerhards und seine Freunde“ machen? -, und immer in der dritten Person, wie Cäsar, alles meistens um Spaß, Bier und Mädels geht? Es sind immer sehr konstruktive Gedanken…

        • gerhards

          Konstruktiv, sagen Sie mal ist das ein Fremdwort? Kommt das von Konstruieren? Wie auch immer, ein neuer Tag im Lande zwischen Wallonie und Deutschland. Lebenswert auch und anstatt des Herrn Gerhards Kommentare. Man sieht sich auf der Klötzerbahn ;-)

  12. Andrea W.

    Liebe Linda,

    merke: Wer gegen den Strom schwimmt, wird immer mal irgendwo anecken. Früher war das verpöhnt, mittlerweile werden es immer mehr, die sich anschließen, immer mehr, die gerne „mitecken“, die nicht mehr den Mund halten mögen zu Ungerechtigkeit und Intoleranz.

    Sehr schade finde ich, dass mittlerweile jedes Thema genutzt wird, um über den Islam zu hetzen. Denn genauso wenig, wie nicht alle evangelischen Pfarrer so kleinkariert und spießbürgerlich sind, wie der von Linda zitierte, genau so wenig ist jeder Moslem ein potentieller Schlächter. Da bin ich dann immer froh, dass ich derart destruktive und intolerante Menschen nicht zu meinen Freunden zählen muss.

    Die Welt braucht mehr Menschlichkeit und mehr Toleranz. Sie braucht mehr „Wir“ und weniger „Ich“. Und sie braucht Menschen, die gegen den Strom schwimmen, wenn sie sehen, dass anderen Unrecht getan wird. Menschen wie Linda Nix!

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