Zwischenruf

Koalitionspoker in der DG: Politik als „schmutziges Geschäft“

Die Koalitionsbildung in der DG ist sehr schnell über die Bühne gegangen, vielleicht sogar zu schnell. Zu groß war bei allen Beteiligten die Angst, am Ende daneben zu liegen und für (weitere) fünf Jahre auf der harten Oppositionsbank sitzen zu müssen. Die Koalitionsbildung hat vor allem aber deshalb einen faden Beigeschmack, weil nach außen hin der Eindruck entstanden ist, es sei getrickst und getäuscht worden, was manche Bürger womöglich in ihrer Auffassung bestärkt, die Politik sei eh ein „schmutziges Geschäft“.

Klar ist, dass ab Montagabend nach der Wahl die ProDG mit der CSP verhandelt hat. Hier stellen sich bereits erste Fragen. Wurden die Gespräche von Seiten der ProDG ernsthaft oder nur zum Schein geführt?

Bis heute ist unklar, weshalb SP, ProDG und PFF nicht schon vor den Wahlen klipp und klar ihren Willen bekundet haben, die alte Koalition, die ja nach Meinung aller drei Mehrheitspartner erfolgreich gearbeitet hatte, in jedem Fall fortzuführen, sofern sie weiterhin über eine Mehrheit im PDG verfügt.

Das hatte man 2009 gemacht – warum nicht auch 2014? Hätte es auch diesmal eine Aussage in diesem Sinne gegeben, wäre schon am Montag unmittelbar nach Bekanntgabe der Wahlresultate alles klar gewesen.

So aber hieß es auch noch am Montagabend: Jeder kann mit jedem sprechen, es gibt keine Exklusive.

Es regierte die Angst (vor der Opposition)

Am Mittwoch nach der Wahl müssen es ProDG, CSP, SP und PFF mit der Angst zu tun bekommen haben, denn ab dann wurde es sehr hektisch. Die CSP glaubte zu spüren, dass ProDG trotz der bis dahin „konstruktiven“ Gespräche mit den Christlich-Sozialen heimlich an einer Fortsetzung der alten Koalition arbeitete.

Deshalb entschloss man sich bei der stärksten Fraktion dazu, Gespräche mit SP und PFF aufzunehmen, um nicht – wie in der Vergangenheit der Fall – tatenlos zusehen zu müssen, wie andere Listen an der CSP vorbei eine neue Mehrheit bilden.

Die Entscheidung der CSP, mit SP und PFF Kontakt aufzunehmen, ist in dem ganzen Koalitionspoker ein Schlüsselmoment, denn die CSP hatte in den Gesprächen mit der SP keine Exklusive, sprich: Sie wäre auch mit einem Ministerpräsidenten Karl-Heinz Lambertz einverstanden gewesen, was ihr heute von einem Teil ihrer eigenen Wählerschaft übelgenommen wird. Da wäre etlichen christlich-sozialen Sympathisanten wohl ein Bündnis mit PFF und Ecolo lieber gewesen.

Wer sagt die Wahrheit und wer lügt?

Möglicherweise hat es auch Oliver Paasch mit der Angst zu tun bekommen. Oder er hat nachher nur so getan, als wäre er in Panik geraten. „Die CSP wollte mich in die Opposition schicken“, so Paasch. Aber wollte sie dies wirklich? Oder hatte die CSP ebenfalls nur Angst, Paasch und die ProDG würden sie für weitere fünf Jahre in die Opposition schicken? Wer von CSP und ProDG sagt die Wahrheit und wer lügt?

Dann stellt sich die Frage, welche Rolle zum einen Karl-Heinz Lambertz (SP) und zum anderen Benoît Lutgen, der Präsident der CdH, gespielt haben. Waren beide als Strippenzieher im Hintergrund aktiv?

Bei Lambertz wäre dies auch nicht weiter schlimm, war er doch in dem Koalitionspoker einer der zugelassenen Spieler.

Aber Lutgen? Der hatte da nun wirklich nichts verloren, mal ganz abgesehen von seinem anschließenden Rundumschlag gegen den „Ultraregionalismus“ der ProDG. Diese Attacke haben viele Bürger als eine Attacke gegen die DG gewertet. Sie war vor allem dumm und kontraproduktiv.

Zu viel im Unklaren – Fortsetzung folgt…

Die CSP wäre gut beraten, sich vom Präsidenten der CdH ohne Wenn und Aber zu distanzieren – am besten sogar, indem sie Lutgen auffordert, sich öffentlich zu entschuldigen.

Wie dem auch sei, die Hintergründe des Koalitionspokers werden uns noch einige Zeit beschäftigen. Da ist noch zu viel im Unklaren. Fortsetzung folgt – ganz bestimmt…

GERARD CREMER

Siehe auch „Standpunkt“-Artikel „Wahlkrimi hinterlässt so einiges an Frust“

33 Antworten auf “Koalitionspoker in der DG: Politik als „schmutziges Geschäft“”

    • Ostbelgien Direkt

      @ohje ohje: Auf OD stand schon vor einigen Tagen zu Benoît Lutgen Folgendes: „Der Präsident der CdH erwies der CSP mit seinen katastrophalen Aussagen zum vermeintlichen ‚Ultraregionalismus‘ der ProDG einen Bärendienst. Selten hat ein nationaler Politiker wegen einer Äußerung so viel Verachtung hervorgerufen wie Lutgen.“
      Frage: Haben Sie in anderen Medien in der DG eine so klare Aussage gelesen? Ich glaube nicht.
      Gruß Gerard Cremer

  1. Unparteiischer

    Ultraregionalismus? Das sind doch alle, die eine eigene Region haben oder – wie die DG – haben wollen. Oder seit wann identifizieren sich Flamen mit Wallonen und umgekehrt oder DGler mit den Beiden und umgekehrt?

    Wenn dann eine Partei, wie die ProDG, soviel Zuwachs in der Bevölkerung erhält, dann schürt das eben im Rest des Landes den Eindruck, als seien Spalter am Werk, wie die N-VA in Flandern.

    In Kelmis schnitt die ProDG übrigens ganz schwach ab, und das nicht von ungefähr. Die stehen mit allem, was deutsch angehaucht ist, weiterhin auf Kriegsfuss.

    • @ Unparteiischer: „In Kelmis steht man mit allem, was deutsch angehaucht ist, auf Kriegsfuß“, schreiben Sie. Das mag so stimmen, allerdings mit einer Ausnahme: Wenn Deutsche sich für Grundstücke und Immobilien in Kelmis interessieren, dann sind sie auch den Kelmisern genehm ;)

      • Unparteiischer

        Richtig! Das ist aber überall so, wenn es sich um Geld geht, haben sich plötzlich alle lieb.

        Doch um noch mal zum Ultraregionalismus zurückzukommen: Müsste die DG nicht ständig „Männchen“ in Namur machen, würde sie doch auch ganz schnell sagen, liebe Wallonen, schert euch dahin, wo der Pfeffer wächst.

        Oder seh‘ ich das falsch?

  2. Nichts ist älter als die Nachrichten von Gestern (Alte Journalistenweisheit.)

    Vielleicht ist die Aussage des Herrn Lutgen ein Standpunkt wert aber ist es deshalb nötig ein totes Pferd nochmal aufzusatteln?

  3. derboblo

    Als Kommentar zum „Lutgen’s Flop“ habe ich geschrieben :

    derboblo
    3. Juni 2014 um 22:32
    Ich dachte, der heilige Krieg wäre mit dem Verschwinden der alten machtgierigen CSP Bonzen beendet.
    Politik ist ein schmutziges Spiel, wo alle Schläge erlaubt sind.
    Lutgen sagt und schreibt was der CSP nicht öffentlich äußern darf.

    Meine Meinung nach, hat der CSP da ein Fehler gemacht und wird nun wiederum dafür büßen.
    In französischer Sprache sagt man ganz richtig : “Cela sent encore plus mauvais quand on remue dans le caca !”

      • derboblo

        Ganz ehrlich … Ich meine auch, daß der CSP nun für eine Koalition in der Mehrheit reif ist (war). Viele junge Politiker und Politikerinnen scheinen mir kompetent zu sein.

        Die Verhandlungen sind vielleicht auf einer schlechten Basis geführt worden.
        Die alten Dämone wieder ausgraben ist (war) ein Fehler.
        Haben die alten CSP-Bonzen noch zuviel Einfluß ?
        Sind bei ProDG die alten (harten) PDBisten noch zu stark ?

        Daß die Demokratie nicht gewonnen hat, ist klar.
        Aber so ist es auch überall, in Belgien, in Europa …
        Ein „Frühling der Demokratie“ zeichnet sich immer mehr ab weil die Wähler frustriert sind.

  4. Stratege

    Na ja CDH hat da einen Fehler gemacht, aber vielleicht sitzt der Ratgeber hier in der DG und möchte wieder bei der CDH einen Job. Was tut man da nicht um “ gut alter Wallone “ zu sein.
    Schade um eine CSP die bereits einige Jahrzehnte weiter war als dieser Ratgeber

  5. Find es einfach lachaft. Koalitionsgespräche? Ging doch nur darum wer welchen Posten bekommt und wieviel Kohle man schäffeln kkann. Keine Streitpunkte was gemacht werden soll, ging nur darum wer MP wird oder nicht. Wenn bei der Koalition doch alles so geklappt hat, warum bleibt KHL nicht MP und warum wird der jetzt zu erst PP und danach Senator. Doch nur um vor seisem definitiven Abschied neben der MP Rente auch noch die Renten als PP und Senator einzusacken. Money makes the world allright….

    • Jürgen Margraff

      Meines Wissens nach muss ein Senator ZWEI komplette Legislaturen als Mitglied des „Hohen Hauses“ aufweisen um Anrecht auf die Pension zu haben – auch ein PP der nur die Hälfte einer Amtszeit hinter sich bringt kriegt dafür keine volle Pension – aber na ja, Otto Normalo wäre damit mehr als zufrieden

  6. Labernich

    Money makes the world allright…. Und aus genau solchen belangen landen dann *Nixe* auf den Vivant Listen, aber das ist ja sicher gelogen und man macht das alles aus Bürgerbelang. Wie wärs dann mit die finanziellen Zuwendungen jeden Monat komplett zu spenden? Ich vergass, man macht es ja for the Money , Show me the Money Di Rupo :) Es ist bei Voka Bartje ;-)

  7. Beobachtungen

    Gerade sagt Herr Lutgen im Radio, die CDH-CSP wollte in Brüssel, Wallonie und DG gleiche Koalitionen mit der PS (!) machen. In der DG sei das leider von den „Separatisten“ verhindert worden. Das ist doch unglaublich!! Jetzt sind die letzten Fragen beantwortet! Deshalb hat die CSP Lambertz den Ministerpräsident angeboten. Herrn Paaschs Angst war absolut gerechtfertigt. Ich möchte mich jetzt bei Herrn Paasch für meine Bedenken zur Koalitionsbildung in Eupen entschuldigen. Er hat das Richtige gemacht. Er hat uns vor dem Schlimmsten bewahrt. Nie, nie wieder CSP!!!!

    • Nicht Nurso

      Das ist keine Überraschung. Das hat er schon vor den Wahlen gesagt, dass man überall gleiche Mehrheiten machen will. Jetzt macht die CSP in Brüssel und Wallonie Koalitionen mit der SP. Lutgen hat in seinem Pressecomminqué die SP aufgefordert, keine Koalition mit den Separatisten von ProDG sondern mit der CSP zu machen. Hat doch alles schon in der Zeitung gestanden. Freut mich, Beobachtungen, dass Sie das jetzt auch sehen. Darum rege ich mich ja so über die CSP auf, die mir im Wahlkampf noch sympathisch war

  8. Lutschen

    Die CSP sagt seit einer Woche kein Wort. Ich glaube tatsächlich, dass sie sich von Lutgen hat leiten lassen, der eine Koalition von Christlichsozialen und Sozialisten auf allen Ebenen will. Das muss die CSP jetzt teuer bezahlen. Sie hätte auf sich selbst hören müssen und nicht auf den „Anti-Ultraregionalisten“ in Namur.

  9. Réalité

    @ Lutschen

    ….nicht nur die CSP,von den meisten anderen hört und sieht man auch nichts!?

    Die meisten sind still und heimlich froh die „Schäfchen im trockenen“ zu haben!!Wieder mal für eine Periode.

    Die nächste Etappe wird sicher in ein paar Monaten wieder mal eine Diätenerhöhung sein,bzw.eine Steuererhöhung in irgend einer Art!??So ist man es seit jeher schon gewöhnt!

    Mein Tipp:
    baut mal die all zu vielen und unnützen Stellen ab im Staatsbereich!Dabei die vielen und teuren Vergünstigungen drum herum!

    Fangt bei euch selbst mal an!Überlegt mal was da alles erfunden wurde ,in den vielen Jahren,an überflüssigen Apparaten und Gedöhns….!!??Da wäre jede Menge Rodung nützlich!!

    Dann die Steuern,die all zu hohen um unsere Lohnkosten!

    Die Liste wäre heute am Pfingstfeste,“Fest der Hoffnung“,zu lange um weiter zu führen.Jedoch alleine das obige,würde gewaltige Summen frei machen für viel rentabelere,nachhaltigere und nützlichere Investitionen!
    Möge der Hl.Geist über euch kommen…und euch erleuchten…..!

    Frohe Pfingsten!

    • Jürgen Margraff

      Steuererhöhung? Das PDG hat doch keine Steuerhoheit, oder doch? DIätenerhöhung, die Parlamentarier in Eupen kriegen keine Diäten sondern Anwesenheitsgelder wenn ich richtig informiert bin – nur die Regierung und der PP sind da Ausnahmen

  10. Die Koalition SP, ProDG und PFF ist nicht unbedingt schlechter als andere. Sie ist vor allem sterbenslangweilig. Weykmans und Paasch sind schon zehn Jahre Minister. Glaubt denn einer ernsthaft, dass die nach zehn Jahren noch neue Akzente setzen können?

  11. In diesem thread scheinen wieder mal einige Politiker zu versuchen durch ihre Wort- bzw. Schriftgefechte vom Titel abzulenken. Her geht es doch um die Frage wie ’sauber‘ Politik in der DG ist. Und ich persönlich glaube, das nach den letzten Wahlen in den Augen der Bevölkerung das Image der Politik(er) wieder mal ziemlich gelitten hat.

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