Leserbrief

Johann Klos: Was nun, Herr Euro?

Die kommenden Monate werden uns zeigen, inwieweit Tsipras mit seiner Syriza aus taktischen Gründen oder eher aus Ratlosigkeit bereit waren, alles zu schlucken, was seitens der ökonomischen und finanziellen Eliten verlangt wurde.

Binnenwirtschaft ankurbeln, den Import abschwächen, die Arbeitslosigkeit bekämpfen – dies sind Ziele, die für mich nicht mit einem Euro der heutigen Form umsetzbar sind.

Jeder, der rein ökonomisch die Situation betrachtet, wird feststellen, dass diese Fantasiewährung für Deutschland mindestens um die 20% unterbewertet ist. Für die Griechen und Portugiesen 50%, für die Spanier um die 30%, für die vollmundigen Italiener 20%, und nicht weit darunter folgt schon die „Grande Nation“. Für uns kleine Nordeuropäer dürften es unter 10% Überbewertung sein. Wohl gemerkt: Überbewertung für alle!

Vergessen wir mal die Osteuropäer, welche von uns zugepflastert wurden und werden mit Krediten. Der irgendwann kommende Knall wird noch lauter werden als derzeit in Griechenland.

Bis heute haben mir alle diese schlauen Brüsseler Herrschaften nicht aufzeigen können, wie man Handelsungleichgewichte auffangen kann, ohne dass man Währungen frei floaten lässt. Bis heute habe ich auch noch von keiner nationalen Regierung zu hören bekommen, dass man alternativ zum Abschied vom Euro, in Abstimmung mit den jeweiligen Bürgern der Länder, einen europäisches Ausgleichsmechanismus gutheißen würde.

Haben uns die letzten Wochen nicht vor Augen geführt, dass weniger auch mehr sein kann? Wurde nicht überdeutlich, dass eine solche Fehlkonstruktion wie der Euro Europa nicht friedlicher, sondern unfriedlicher macht? Ist eine Visionswährung es wert, dass durch ihr Forcieren Sozialstandards zerstört werden müssen?

Warum bemerken die Menschen eigentlich nicht, dass ein Konstrukt wie der Euro in seiner derzeitigen Form ein höchst effektives Instrument der Gesellschaftsspaltung darstellt. Bestes Beispiel war und ist das durch die BRD praktizierte Lohndumping, welches mit zur derzeitigen dortigen Exportstärke und die sich daraus ergebene Vormachtstellung innerhalb der EU beiträgt. Wo bleibt er, der eurokritische Diskurs von unten?

Für mich höchste Zeit, darüber zu debattieren, inwieweit eine anti-neoliberale, emanzipatorische Politik zunächst eine Überwindung des Eurorahmens erfordert.

28.7.2015 Johann Klos, Eupen

9 Antworten auf “Johann Klos: Was nun, Herr Euro?”

  1. senfgeber

    Icke, dette, kieke mal, Oogen, Fleesch und Beene,
    wenn dir keener wählen tut, denn wähl dir doch alleene.

    Der Grexit wurde verpasst und es wurde etwas Zeit gekauft. Richtig teuer wird’s später.

  2. Frau Mahlzahn

    Bin da bei Ihnen.Wann wird endlich der Exportüberschuss der Deutschen bestraft?

    Eine Frage die mich auch beschäftigt:

    Muss man in Europa deutsch sein um nicht vor die Hunde zu gehen?

    • senfgeber

      Performer bestrafen, Loser belohnen, die SED lässt grüßen.

      In dieser Währungsunion sind Staaten aneinandergekettet worden, die nicht zusammengehören. Und was nicht zusammengehört, sollte zerlegt werden damit wieder zusammenpasst was in einer Währungsunion nicht zusammengehört.

    • Réalité

      @Frau Mahlzahn
      aus Ihnen spricht der pure Neid,Frau Mahlzahn!
      Ein Glück das die Griechen die deutschen hatten,sonst wären sie längst Pleite.
      Wenn die anderen Europäischen Länder genau so handelten wie die Deutschen,dann ständen die auch besser da.
      Es hindert keiner sie daran.Sicher nicht die BRD.
      Nur,die können es nicht.Das ist das Problem.
      Warum klappt das bei den NL-S-DK-A-L usw denn?
      Andere die Probleme hatten,sind auf dem Wege der Besserung,na also.Man muss es nur wollen.Und nicht die anderen vorspannen.Wäre doch zu schön!?
      So,nun gehen Sie mal en Türchen mit Ihrem Waldi,der freut sich sicherlich.

      • Frau Mahlzahn

        @ Wieder mal realitätsfremd

        Warum klappt das wohl in Deutschland. Ja weil die Hartz IV haben.

        Außerdem sind Regeln nun mal Regeln. Wenn zuviel exportiert wird, dann muss man Strafe zahlen. Basta. Warum diskutieren Sie denn um so eine klare Sache.

  3. Réalité

    @Johann Klos

    Nun,Herr Klos,wir können glaub ich bis ins Unendliche diskutieren.
    Gleich welcher Mechanismus sie denken,oder der noch erfunden wird,Floaten rauf,Floaten runter,Lohndumping?gute Frage?Sozialstandards,Ja?Nein?usw usw.
    Ich stelle einfach und simpel fest:
    Es gibt im € Raum etwa ein gutes halbes Dutzend Staaten,von der BRD bis zum kl Luxemburg,denen geht es gut,die haben ihre Sachen im Griff.Grössere wie D bis zum kleinen Lux.
    Warum haben diese Staaten keine Probleme?
    Deren Haushalte sind im Lot.
    Alle anderen haben das nicht.
    Weil deren Politiker nichts taugen.
    Gewiss man kann nicht alle guten über einen Kamm scheren,und z Bspl D mit Lux vergleichen.
    Nicht desto trotz ist einzig dieses was sie differenziert mit den schwächeren Staaten.
    Und das der € eine Fehlkonstruktion ist,und alle Schuld auf den zu drücken,dass kann nicht sein.Da machen Sie es sich zu leicht,Herr Klos!
    Alleine die Süd Europäischen Staaten haben durch den € nur mehr ein Bruchteil der vorherigen hohen Zinsen am Hut für ihre Schulden.
    Denn wenn die I Lira oder SP Peseta jetzt noch gelten würde,so hätten die Armen ja noch 10% als Zinssatz am Markte.
    Schönen Abend noch!

  4. Marcel Scholzen (Eimerscheid)

    Werter Herr Klos,

    Sie haben die Situation bestens beschrieben. Die gemeinsame Währung ist nicht das Problem, sondern die Ungleichgewichte im Handel und die sich daraus ergebenen Überschüsse bzw. Deffizitte.Sieht man am besten an den TARGET 2 Salden. Was fehlt ist der Ausgleichsmechanismus. Das ist der wahre Konstruktionsfehler des Euro.

    Hier ein Link zur deutschen Bundesbank, der das ganze erklärt :
    https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Unbarer_Zahlungsverkehr/TARGET2/TARGET2_Saldo/target2_saldo.html

    Deutschland ist nur deswegen Exportweltmeister, weil es keine Zollschranken mehr gibt in Europa. Der Binnenmarkt macht es möglich. Gäbe es Zollschranken und Schutzzölle zwischen den europäischen Ländern wie früher, so könnte Deutschlan nicht „auf Teufel komm raus“ liefern und Überschüsse aufbauen. Die Handelsungleichgewichte wären kleiner.

    Die deutschen Überschüsse sind eigentlich ökonomischer Nonsens. Es sind nichts als Zahlen im Computer, an denen sich Finanzminister Schäuble aufgeilen kann. Würde jedes Land nur soviel importieren wie exportieren, gäbe es die aktuellen Probleme überhaupt nicht.

  5. Zitat:

    Die deutschen Überschüsse sind eigentlich ökonomischer Nonsens. Es sind nichts als Zahlen im Computer, an denen sich Finanzminister Schäuble aufgeilen kann. Würde jedes Land nur soviel importieren wie exportieren, gäbe es die aktuellen Probleme überhaupt nicht.

    Zitatende

    Werter Herr Scholzen,

    ich weiß nicht welches Auto Sie fahren aber dem „ökonomischen Nonsens“ habe Sie es zu verdanken das Ihr Wagen auch noch im September repariert werden kann. Oder wollen Sie einen Exportstop weil die Zulieferindustrie der Autobauer ihr Exportlimit erreicht hat?
    Stellen Sie sich einmal einen Supermarkt ohne Produkte Made in Germany vor, einen Baumarkt ohne Bosch oder ein Haushalttswarengeschäft ohne Siemens, Miele und Co.
    Wenn Sie so viel Phantasie haben werden auch Sie zu dem Schluss kommen das es andere Wege geben muß das Ungleichgewicht zu beseitigen.

    • Marcel Scholzen (Eimerscheid)

      Meiner Ansicht nach müsste Deutschland auch dann im Gegenzug ausländische Waren und Dienstleistungen importieren im gleichen Wert. Das wäre die beste Lösung.

      Das man zur Zeit „überrollt“ wird von deutschen Produkten ist auch auf das Sozialdumping in Deutschland zurückzuführen ( =“innere Abwertung“).

      Ich könnte mir durchaus vorstellen, ohne deutsche Produkte zu leben. Jedes Industrieland stellt doch heute gute Autos, Machinen, Nahrungsmittel, etc her. Es ist blanker Unsinn zu behaupten, nur Deutschland sei im Standen etwas auf die Beine zu bringen. Dort ist auch nicht alles Gold, was glänzt.

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