Leserbrief

Johann Klos: „Klein“ sein heißt noch lange nicht „dumm“ sein

Einige doch wichtige Aspekte sollten in der ganzen TTIP-Debatte nicht ausgeschlossen werden. Da wäre das Grundsätzliche: Ja, es trifft zu, dass die Kommission Informationen über die Verhandlungsrunden preisgibt. Nur, mehr als fünf Seiten sind es dann doch nicht, und für jeden Verhandlungspunkt dürfen wir uns über drei Sätzchen erfreuen.

Reicht ihnen das meine Herren, um ein solches Abkommen zu bewerten? Ich denke nein.

Lässt der Lissabon-Vertrag überhaupt Spielraum für die derzeitige Vorgehensweise? Darf hiernach die Kommission überhaupt Geheimhaltungsabkommen mit anderen Staaten (Drittstaaten) vereinbaren? Artikel 14 AEUV.

Ist es mit den Grundwerten unser Demokratieverständniss vereinbar, dass die Bürgerinnen und Bürger sich erst dann zu völkerrechtlichen Verträgen äußern dürfen, wenn diese verhandelt sind?

Wie steht unsere Region zu dem begrenzten Spielraum für Nachverhandlungen? Sollte nicht zwischen jedem fertigen Kapitel ein gewisser Zeitraum eingeplant werden für ökonomische und rechtliche Analysen und eventuelle Abänderungsvorschläge?

Auf Belgien bezogen: Gibt es Prognosen, welche Produktionen oder Dienstleistungen sich durch TTIP verlagern werden?

Weitere Fragen:

Warum beschneidet sich die Politik durch solch ein Abkommen in ihrem eigenen politischen und sozialen Gestaltungsspielraum?

Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Abbau von Zöllen, Vereinheitlichung von Zulassungen und sonstigen Standards (gegenseitige Anerkennung) gehen ganz ohne TTIP.

Etwas mehr Wahrheit, Ehrlichkeit, Klarheit und Transparenz würde uns allen gut tun und uns schnell vor Augen führen, dass auch hier ein Versuch unternommen wird, gemeinsam die Wirtschaftsmächte der Zukunft wie China, Indien und selbst Russland auszubremsen. Das wir dabei Gefahr laufen, die Welt für ein Paar Dollar am Rande eines neuen kalten Krieges zu manövrieren, lässt die Strategen kalt.

Ja zu einem Abkommen, aber mit allen Nationen, die sich dazu bereit erklären, auch wenn die Verhandlungen ganz neu aufgezogen werden müssten.

9.6.2015 Johann Klos, Eupen

7 Antworten auf “Johann Klos: „Klein“ sein heißt noch lange nicht „dumm“ sein”

  1. Öppe Alaaf

    Eine interessante Forderung Herr Klos.

    Zeigt die Politik nicht gerade, dass bereits die 28 Europäischen Nationen nicht reif sind, an einem Tisch einen Konsens zu erreichen? Wenn also die Europäische Binnenpolitik nicht in der Lage ist, mit einer Sprache (im übertragenden Sinne) zu sprechen, wie utopisch muss es dann sein, weltweit multilaterale Gespräche zu führen?

    Ich persönlich nehme in der TTIP Diskussion einen großen Mangel an Vertrauen wahr. Es ist üblich, dass es Datenräume gibt und dass während der Verhandlungen von den Parteien stillschweigen vereinbart wird…schon immer so gewesen und sinnvoll.

    …dass die Bevölkerung bei der Abstimmung den 28 europäischen Regierungen nicht traut, ist wohl das eigentliche Übel. Ich kann aber nicht verstehen, warum Sie Menschen vertraut, die lediglich unkonstruktiv Ängste erzeugen und damit Politik machen. (Na gut, es ist archaische Psychologie aus dem lymbischen System, aber sollte gute Politik nicht gerade das kompensieren, Herr Klos?)

    Kann es sein, dass die Forderung nach absoluter Transparenz, Klarheit,…etc aus den Statuten der Piratenpartei kommen? Will Herr Arimont einen Schlafsack im Datenraum einrichten, um jederzeit Herr über die Informationsflut zu sein? …und wenn: Geniesst dann Herr Arimont allein dadurch das Vertrauen der Bevölkerung?

    Ich bin Gegner des Freihandels aber für die Globalisierung der Märkte. Wie das zusammengeht? Indem Regeln geschaffen werden! TTIP ist ein erster Ansatz dafür. Ist er ideal? Höchstwahrscheinlich nicht! Sollte man es daher sein lassen? Um Himmels Willen nein!

    Wenn man der Argumentation der Gegner folgt, so sehe ich zwei Hauptblöcke:

    Die Einen, für die die EU plötzlich zur Insel der Glückseligkeit wird und die Inneren Konflikte Europas nicht mehr als Mahnmal sondern als Bollwerk gegen den Amerikanischen Kapitalismus wirken. So schnell kann man also Reibungshitze zu sozialer Wärme umdeklarieren. Fast schon Demagogie!

    Die Anderen, die ein bilaterales Abkommen mit Amerika ablehnen. Aber ‚mal ehrlich: Wenn es um Industriestandards und Arbeitsumfeld geht: Würden Sie lieber einen bilateralen Vertrag mit China oder Russland abschliessen wollen? Wenn die TTIP Gegner Recht behalten, werden die niedrigsten Standards übernommen …und Bingo! Nun einen Multilateralen Vertrag mit dem Rest der Welt zu verhandeln wäre doch reine Utopie, oder Herr Klos? Was soll also Ihre Forderung? …Polemik?…Bullshit? (Die Batterien vom Detektor sind platt.)

    Ich erlaube mir, die EU nicht als Insel der Seeligen zu betrachten. Es ist eine Chance, ein Abkommen über den Handel mit einer Industrienation auf Augenhöhe zu führen und den liberalen Plutokraten den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem die Bevölkerung ständig verängstigt wird. Es ist symptomatisch, dass der Bevölkerung Angst vor Veränderungen gemacht wird, wenn sie beginnt, den Bossen Regeln aufzuzwingen.

    Die Argumentation „Weil wir keine Transparenz haben, sind wir dagegen, fordern aber weltweite Regelungen“ halte ich für arm, Herr Klos. Sie hat mit der Realität wenig zu tun.

    „Gar nichts verändern“ wird hingegen die Unterschiede auf der Welt noch fester zementieren und für Spekulation und Handelskriege Tür und Tor öffnen. …und das ist auch nicht die Art des Sozialismus.

    Ich würde sagen: Man sollte sich für TTIP interessieren und die Argumentation „Was passiert, wenn es kein Abkommen gibt.“ Auch einmal zulassen. Angst schüren ist einfach, Visionen schaffen schon schwer. Bisher hat man sich hierbei in unserer Region sehr schwer getan.

      • Öppe Alaaf

        TTIP Gegner im Podium „…“

        Moderator: „Wenn ich Sie richtig verstehe, war das ja ein Statement FÜR TTIP“

        Podium: „Äh,…Nein,…Ja,…Nein!“ Stille!

        Es war Satire vom Feinsten!

        Publikum: „Warum sitzt die Industrie bei den Verhandlungen am Tisch?“

        Podium: „Weil ein HANDELSabkommen verhandelt wird.“

        Publikum: „Warum wird dann über die Privatisierung von Schulen verhandelt?“

        Podium: „Tut man nicht! Es ist ein HAN-DELS-AB-KOMMEN!“

        Publikum: „Ich traue Ihnen nicht!“

        Waren Sie auch da?

        Podium TTIP Anhänger : „… Oh. Hätte ich nicht so sagen sollen, oder?“

        Moderator: „Das war kein gutes Argument!“

        Podium: „Es ist ja auch nicht meine Meinung, sondern die von meinem Chef.“

        Selten so gelacht, aber die Diskussion hat irgendwie nur noch mehr Porzellan zerschlagen. Über TTIP erfahren hat man bei dem Kaliber ALLER Diskutanten GAR NICHTS. (Obwohl Güllner mit Abstand die unglücklichste Rolle hatte.)

        Man hat sich lediglich vor Publikum den intellektuellen Offenbarungseid geleistet. Ich bleibe dabei: Man tut sich sehr schwer in unserer Region.

    • senfgeber

      Klößchen, statt hier Müll zu posten und irgendetwas über „Visionen“ zu labern, sollten Sie mal die Fragen anpacken, die die Leute in der Region wirklich interessieren.

      Da ist zum einen die Abschiedsprämie für Ihren Parteifreund, Ex-Senator Siquet.

      Über die Höhe dieser „Abschiedsprämie“ schweigt sich Ihr Parteifreund aus, Transparenz und Bürgernähe sehen anders aus.

      Da ist zum anderen die Ernennung Ihres Parteifreundes Bodem ohne Durchlaufen eines regulären Auswahlverfahrens für die Kappesland-Vertretung in Berlin.

      In beiden Fällen sind Ihren Parteifreunden unmittelbare persönliche Vorteile erwachsen, von der „Solidarität gegenüber den kleinen Leuten“ in Ihrem Parteiprogramm ist nicht viel übrig geblieben, da brauchen Sie uns also nicht irgendwelchen Müll zu posten, um von diesen konkreten Fragen abzulenken.

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