Politik

Aus Brexit und Trump nichts gelernt: Folgt drittes Beben? [Kommentar]

Marine Le Pen, Kandidatin des Front National. Foto: Shutterstock

Am Montagabend hätte man glauben können, bei der ersten Wahlrunde in Frankreich sei die Chefin des Front National, Marine Le Pen, bereits gescheitert und in der Stichwahl am 7. Mai würden sich Emmanuel Macron und François Fillon duellieren. An der Börse knallten die Sektkorken, hatte man fast den Eindruck. Euphorie bei den Europa-Befürwortern – und nicht nur bei denen.

Der Erfolg des EU-freundlichen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron löste an den europäischen Aktienmärkten einen Befreiungsschlag aus. In Deutschland schrieb die „Bild“-Zeitung sogar euphorisch, Marine Le Pen sei „entzaubert“.

Dabei hatte am Sonntag der rechtsextreme Front National mehr als nur einen Achtungserfolg gefeiert. Zum zweiten Mal nach 2002 nehmen die Rechtspopulisten an der Stichwahl teil.

Front National über 20%

Auf Twitter wurden Frankreich-Karten veröffentlicht, die zeigen, in welchen Wahlkreisen die französischen Rechtspopulisten am Sonntag die Mehrheit der Stimmen hatten, verglichen mit der letzten Wahl von 2012. Ein großes Stück Frankreich glich einem einzigen Front-National-Land. Du jamais vu!

Foto: Shutterstock

Was aber machen die etablierten Parteien und Politiker? Was macht die Börse? Sie jubeln, sind erleichtert und feiern schon zwei Wochen im Voraus den Sieg des ehemaligen Investmentbankers Emmanuel Macron.

Sie stützen sich dabei auf die Ergebnisse von Umfragen, die besagen, dass Macron in der Stichwahl gegen Le Pen klar siegen werde.

Ach ja, die Umfragen!

Schon vergessen, dass die Demoskopen sowohl beim Brexit-Referendum in Großbritannien als auch bei der Wahl von Donald Trump in den USA – wie zuletzt fast bei jeder Wahl – mit ihren Prognosen komplett daneben lagen?

Je mehr etablierte Parteien und Politiker ihren Wählern empfehlen, am 7. Mai für Macron zu stimmen, umso größer wird die Gefahr, dass gerade dies nicht eintritt. Die Wähler der im ersten Wahlgang unterlegenen Kandidaten lassen sich von diesen nicht bevormunden.

Marine Le Pen nicht Jean-Marie Le Pen

Marine Le Pen hat dies sofort erkannt. Bereits am Sonntagabend, als die ersten Parteistrategen ihren Wählern im Fernsehen empfahlen, am 7. Mai für Emmanuel Macron zu stimmen, ließ die Chefin der französischen Rechtspopulisten verlauten: „Le vieux front républicain tout pourri essaie de se coaliser autour de Macron“.

Front-National-Gründer Jean-Marie Le Pen. Foto: Shutterstock

Nichts hassen die Wähler mehr als eine Vorwahlstimmung, bei der so getan wird, als sei schon alles entschieden. Das war so beim Brexit, das war so bei der Wahl von Donald Trump.

Und noch etwas spielt eine Rolle: Das Image von Marine Le Pen ist nicht das ihres Vaters im Jahre 2012. Jean-Marie Le Pen verkörperte schon optisch den hässlichen Rechtspopulisten.

Seine Tochter kommt ganz anders rüber. „Die 48-Jährige hat es geschafft, den Front National noch ein Stück akzeptabler zu machen“, schrieb die Deutsche-Presse-Agentur.

In der Tat ist Marine Le Pens Rhetorik der von Jean-Marie Le Pen sehr ähnlich, in manchen Fragen ist die Tochter sogar noch radikaler als der Vater, aber ihre Worte stoßen in der französischen Öffentlichkeit auf eine viel größere Akzeptanz, wie die Ergebnisse des ersten Wahlgangs am Sonntag gezeigt haben.

Noch ist Emmanuel Macron nicht Präsident! (cre)

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf „Ostbelgien Direkt“:

19 Antworten auf “Aus Brexit und Trump nichts gelernt: Folgt drittes Beben? [Kommentar]”

  1. Diesmal liegen die Demoskopen nicht daneben. Dieses Rennen gewinnt der smarte Macron. Ich hoffe, dass er sein Land aus der Krise hilft. Frankreich ist ein wichtiges EU-Land. Ohne EU wäre Belgien am A…

  2. Hoffe nur das Le Pen durchkommt und das dem maroden Europe endlich mal Einhalt geboten wird ! In Europa wäscht nur noch ein Politiker die Hand des anderen ! Zum Thema Sicherheit in Europa muss man ja nichts mehr schreiben … fast ausschließlich in Europa gibt es feige Anschläge ! Nur wegen diesem Gutmensch getue! Es soll endlich mal tabula rasa mit diesen achso netten Ausländern gemacht werden !

  3. der lustige Unterstädter

    Es stellt sich die Frage wer hier aus Trump und Brexit nichts gelernt hat.
    Ok die Welt hat eben mal den Atem angehalten und nicht eben Untergegangen.
    Auch die befürtungen es sei so katrastrophal.
    Das Problem sehe ich in denen die le Pen nur wählen weil sie keinen der anderen Kanidaten WOLLEN
    Die Politik ist so eine Entwicklung doch selbst Schuld, ist denn irgendwer grossmächtig mit der Politik einverstanden?
    Und ein Wahlsieg eines sehr rechtn Pölitikers macht aus einem Land sicher so schnell keine Diktatur

  4. Axel Kittel

    Vielleicht so schnell keine Diktatur, aber wer weiß wirklich, was die Zukunft bringt. Trump ist noch zu frisch, Problème können noch kommen. Brexit ist bisher nur ein Wille, praktisch kennen wir seine Folgen noch nicht. Le Pen – ein angebliches Programm, das viele anspricht, das aber völlig widersprüchlich ist und die wirklichen Ziele versteckt. Und zu guter Letzt auch eine Reihe von Politikern, die sich ungeniert bedient haben (wie Marine selbst im EU Parlament bei nur wenig mehr als 50 % Anwesenheit). Also doch keine Lösung !

  5. Zaungast

    „Hoffe nur das (!) Le Pen durchkommt und das (!) dem maroden Europe endlich mal Einhalt geboten wird !“
    Ja, hoffentlich wird diesem Europa Einhalt geboten! Zurück zu dem Europa der Nationalstaaten, wie wir es vor 1914 hatten. Das wird alle Probleme mit einem Schlag lösen.

    „In Europa wäscht nur noch ein Politiker die Hand des anderen !“
    Und in den einzelnen Länder, Regionen, Gemeinschaften, lokalen Körperschaften soll das dann anders sein?

    Zum Thema Sicherheit in Europa muss man ja nichts mehr schreiben … … fast ausschließlich in Europa gibt es feige Anschläge !“
    Dabei gibt es die meisten Anschläge mit den meisten Opfern außerhalb von Europa.

    „Es soll endlich mal tabula rasa mit diesen achso netten Ausländern gemacht werden !“
    Ja richtig, alle, die keine – ja welche? Ach ja, die bewussten „christlich-abendländischen“ – Wurzeln haben, sollen raus. Besonders das Wort „tabula rasa“ gefällt mir gut. „Ausländerrein“? Erinnert irgendwie an frühere Zeiten. Nur, dass es damals nicht die Ausländer-, sondern die Judenfrage war, die gelöst werden musste.

  6. geldfutsch

    Hier erinnern einige Kommentare an die 30 Jahre mit dem Unterschied dass diejenigen die heute so extrem reagieren einen Wohlstand genießen den sie denjenigen verdanken die die Extremen der 30.und 40 Jahre bekämpft haben.

  7. So wie mittlerweile Ivana Trump’s Modekollektion nach dem US-Besuch in Peking in den Märkten dort angekommen ist. War er nicht einmal ursprünglich gegen Vetternwirtschaft? Aber für das eigene Geschäft bedient man sich seines eigenen Establishments. Da sind viele darauf rein gefallen.

    Von Rechtspopulisten kann man nur lernen, wie man es besser nicht machen sollte.
    Bei Trump haben schon die hiesigen Foristen hier daneben gelegen. Nicht ein einziges Wahlversprechen wird am Ende übrig bleiben.

    @Herr Cremer: „Wahl von Donald Trump in den USA – wie zuletzt fast bei jeder Wahl – mit ihren Prognosen komplett daneben lagen?“

    Ich frage mich überhaupt, woher Sie Ihre Prognosen her genommen haben. Es scheint eher so zu sein, als wollten Sie Ihre Leser hier etwas vorgaukeln indem Sie gegen Analysten wettern und alle in einen Topf kehren.

    Die Prognosen der Medien sagten überwiegend voraus, dass Clinton gewinnen würde, aber nur sehr knapp. Es gibt viele Institute, deren Ergebnisse zum Teil auch etwas weiter auseinander lagen. Aber die ernstgemeinten Umfragen (und nicht nur die Meinung irgendeines Deutschen Professors oder Moody) sahen Clinton nur minimal vorne. Bei den Anzahl der Stimmen der Bevölkerung waren die meisten Analysten sogar sehr genau. Lediglich bei der Entscheidung der Wahlmänner kam für einige die böse Überraschung. Dennoch haben mehr Wahlberechtigte die Clinton gewählt, nur lediglich die Wahlmänner haben Trump zum Ziel gebracht.

    REAL CLEAR POLITICS kam auf diese Zahlen:
    https://pbs.twimg.com/media/CjOqKB1WYAAwDGb.jpg
    Also 43,4% für Trump, 43,2% für Clinton.

    In Echt haben aber weniger Wahlberechtigte abgestimmt. Es stand also offiziell 25,6% für Clinton, 25,5% für Trump. Hochgerechnet hätte Clinton mit 50,05% gewonnen – Trump hätte bei 49,94% gelegen.
    Da kann man sich schon die Frage stellen, woher Sie die Aussage „Demoskopen lagen komplett daneben“ waren.

    Sie können ja ruhig über die EU-Medien schimpfen, die eine Trump-Wahl nicht für möglich hielt (zumindest überwiegend). Aber Sie ziehen hier regelmäßig einen ganzen Berufsstand durch den Kakao, obwohl gerade die Analysten in den USA überwiegend SEHR nahe zum eigentlichen Ergebnis standen.

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