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200 Jahre Neutral-Moresnet: Kelmis feiert seinen „Zwergstaat“

Uniformen und Kostüme aus der napoleonischen Zeit. Foto: ehu

Kelmis feierte an diesem Wochenende ein Unikum in der Geschichte: 200 Jahre Streit ums Galmei – das vergessene Land von Neutral-Moresnet. Mit der Eröffnung der gleichnamigen Ausstellung gab es gleichzeitig den Startschuss für die Festlichkeiten. Diese werden am 11./12. und 25./26. Juni 2016 fortgesetzt.

In Kelmis lag einst eine der ertragreichsten Galmeiminen Europas. Nach der Niederlage Napoleons wurden 1815 während des Wiener Kongresses die Herrschaftsbereiche Europas neu verteilt.

Preußen und die Niederlande beanspruchten das Besitzrecht dieses Erztagebaus. Es dauerte über ein Jahr, ehe am 26. Juni 1816 der „Aachener Grenzvertrag“ unterschrieben wurde, in dem das Schicksal der Zinkgrube von Altenberg besiegelt wurde.

Das Territorium rund um die Galmeimine wurde zum neutralen Gebiet erklärt: Neutral-Moresnet (dt. Altenberg) umfasste ca. 3,4 km² und zählte 256 Einwohner. 2016 jährt sich zum 200. Mal die Entstehung dieses „Zwergstaates“.

In Neutral-Moresnet herrschten kuriose Lebensbedingungen. So gab es keine Rechtsprechung, keine eigene Polizei, keine eigene Post, zeitweise mussten die Bewohner keinen Militärdienst ableisten, und es wurden nur wenige neue Steuern eingeführt. Trotzdem verfügte Neutral-Moresnet zeitweise über eigene Briefmarken, über ein Wappen und eine eigene Fahne.

„Das neutrale Gebiet war zollfrei. Ich habe mal hochgerechnet. Dann würden heute in Neutral-Moresnet 60.000 Leute wohnen. Das wäre eines der reichsten Gebiete Europas, größer als Monaco und der Vatikan.“, so Dr. Herbert Ruland, Historiker und Verantwortlicher der eindrucksvollen Ausstellung im Göhltalmuseum. Alkohol durfte zum Eigenverbrauch gebrannt werden, was dazu führte, dass Kneipen aus dem Boden schossen und der Schmuggel florierte.

Nachstellung des Lagerlebens eines Soldaten. Foto: ehu

Nachstellung des Lagerlebens eines Soldaten. Foto: ehu

Nachdem 1919 die Grenzen wieder neu gezogen wurden, war das Interesse der Großmächte an der Mine entsprechend gering. Die Galmeivorkommen waren längst erschöpft. Das Gebiet Neutral-Moresnet wurde Belgien zugesprochen und verschwand von der Landkarte.

Dafür wurde „Kalmis“ (nl.) (frz. La Calamine) gegründet. Die Gemeinde wurde dem Kanton Aubel zugeordnet und erst durch die Sprachengesetzgebung in den 1960er Jahren in Kelmis umbenannt. Kelmis kam dadurch zum Kanton Eupen.

Hier sei es anders als im Rest der DG, erklärte Ruland den Besuchern. Die Mentalität ginge in Richtung Bleyberg, Gemmenich oder Montzen, was etwas Besonderes sei, aber sicherlich nicht störend, so der wissenschaftliche Leiter der Fachabteilung GrenzGeschichte an der Autonomen Hochschule.

Zahlreiche Veranstaltungen erinnern an die historische Bedeutung des neutralen Gebietes. Truppenlager und Truppenparaden aus napoleonischer Zeit, Theaterstück, Konzerte, Musik und Lesungen sowie eine Ausstellung gewähren dem Besucher Einblicke in das Leben des umstrittenen Gebietes.

Susanne Esser aus Verviers ist eine von zahlreichen Darstellern, die das Biwak bevölkern. Die meisten Soldaten mit ihren Frauen kommen aus ganz Belgien. Es sind Vereine, die dieses Lagerleben in der Artillerie, Kavallerie oder Infanterie aus der napoleonischen Epoche nachstellen. „Wir übernachten im Zeltlager und schlafen auf Säcken, die wir mit Stroh befüllen.“, so Susanne Esser zu den Übernachtungsmöglichkeiten im Zeltlager. (ehu)

Nachfolgend noch einige Bilder von der Eröffnung der Ausstellung zur Geschichte von Neutral-Moresnet:

22 Antworten auf “200 Jahre Neutral-Moresnet: Kelmis feiert seinen „Zwergstaat“”

  1. Baudimont

    Fünfzig Häuser ohne Staat, die Einwohner konnte zollfrei aus den benachbarten Ländern importiert , die Steuern und das Preisniveau waren niedriger und die Löhne höher als in den angrenzenden Ländern.
    Auch war es ihnen erlaubt, wenn auch nur zum eigenen Gebrauch, Getränke zu brennen. Es wurden aber so große Mengen gebrannt, dass die selbst in den 60-70 Cafes, die es im neutralen Gebiet gab, nicht ausgeschenkt werden konnten. Das meiste wurde dann auch über die Grenze geschmuggelt, hauptsächlich in die Niederlande.
    Eine libertarische Steueroase …
    http://www.moresnet.nl/deutsch/geschiedenis_de.htm

  2. Dieses Fest ist einfach lächerlich. Wer braucht heute noch sowas ?
    Jetzt weiss ich auch woher das schreckliche Kauderwelsch (Deutsch, franz gemischt mit nl ? ) her stammt. Einfach grauenhaft.

  3. Viel Festäng

    Zu viele Festereien. Die DG ist einfach zu klein um das alles zu verdauen. Und letzlich macht der Geldbeutel nicht mehr alles mit. Der ist schon anderswo arg strapaziert. Schade für die Organisatoren. Vielleicht eine Lehre für die Zukunft?

  4. Dieses Fest ist ein einziger Skandal. Wie aus diversen Quellen zu erfahren ist, hat der „Spaß“ 60.000 Euro gekostet. Die Organisation war derart miserabel, dass noch nicht mal die Kelmiser selbst von der Veranstaltung wussten. Von Werbung in Medien oder online keine Spur. Das Organisations“team“ wusste bisweilen selber nicht wer engagiert und gebucht wurde. In einer Straße (Schützenstraße) wurde kurzerhand und ohne vorherige Information der Einbahnstraßenverkehr umgedreht! In den sozialen Netzwerken zollen die Kelmiser dieser Begebenheit mit Spott und Hohn. Schade für die Freiwilligen, die sich vor diesen Karren haben spannen lassen und sich mit einem desaströsen „Eventmanagement“ konfrontiert sahen. Und da möchten die Ratsherren von PFF, SP und Ecolo noch in Eigenregie ein Hotel betreiben? Wer macht diesem Kelmiser Politikgedöns endlich ein Ende?

    • Frankenbernd

      Nicht zu vergessen, der ‚Ruland‘ hatte auch wieder seine Finger drin. Mit allem Respekt, aber was der Mann schon alles an Unsinn ueber die Geschichte unserer Region verzapft hat ist unglaublich, In D waren sie froh, ihn loszuwerden, weil er es fertiggebracht hat, auch die rheinische Geschichte zu verdummdeubeln. Aber in Eupen hat man natuerlich gleich ‚hier‘ geschrien, als der Gute nen Job brauchte.

  5. Ich glaube viele Kelmiser wären heilfroh mit Neutral Moresnet zu unserer Zeit! Kein belgisches Politikgezanke und keine wallonischen Zustände. Keine deutschen Besserwisser. Die Menschen waren damals sehr glücklich in ihrer neutralen Zone zu leben! Lesen Sie mal die Geschichtsbücher!

  6. Böse Zungen behaupten, dass dieses ganze Fest auf dem Mist der PFF gewachsen ist. Nur PFF-Mitglieder hinter und vor der Theke, „PR-Kampagne in Facebook“ nur von PFF-Leuten. Wie war der Spruch noch: Schuster bleib bei deinen Leisten! Ein Allgemeinmediziner und seine Frau ist eben kein „Eventmanager“, da gehört schon mehr dazu. Aber wenn es wirklich 60.000 kostete, wen kümmerts, sind doch Steuergelder die verpulvert wurden. Grandios jedoch, was die Kelmiser Theatergruppe mit der neutralen Zone auf die Beine gebracht haben! Die hätten einen Batzen der Kohle verdient! Aber die werden bestimmt mit 200 Euro Jahresdotation abgespeist…. verkehrte Welt!

  7. Baudimont

    Libertarismus in Neutral Moresnet:

    Freier Markt und freien Gesellschaft = Frieden, Ordnung Wohlstand !

    Free market and free society, Neutral Moresnet was a early “libertarian paradise.” !
    „Moresnet demonstriert die Möglichkeiten, die Staatenlosigkeit, ein Garant für Demokratie, die Sicherheit, der Frieden, die gute Ordnung und den Wohlstand.
    „It is cited as a model by libertarians who liken it to self-governing communities of the Wild West: „Moresnet demonstrated the possibilities that statelessness holds out for peace, prosperity and good order,“ U.S. financial trader and economist Peter C. Earle wrote in a 2014 study, „A Century of Anarchy“
    http://www.reuters.com/article/us-europe-history-moresnet-idUSKCN0YC0GC

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